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Montague Summers

Montague Summers - schillernde Persönlichkeit seiner Zeit, Exzentriker und Egomane, verfemter Priester und Dämonologe, Bestsellerautor und Literaturwissenschaftler, Sodomist, Okkultist, "Bischof" von Glastonbury, Mitglied des Geheimordens des "Golden Dawn", persönlicher Freund von Alleister Crowley und nicht zuletzt auch Vampirforscher, all das und noch viel mehr soll Summers gewesen sein. Kein Wunder, dass der Mann noch heute polarisiert wie kaum ein Zweiter. In den Reihen von Esoterikern und Okkultisten wird er verehrt, gilt als großer Vordenker, als weiser Meister und Chronist wie Bekämpfer dunkler Kräfte, andere halten ihn eher für eine Lachnummer. Und da die Nebel der Legendenbildung Figuren wie Montague Summers stets alsbald umwabern (besonders in den Zeiten des weltumspannenden Netzes, welches sich so hervorragend zum Verbreiten von Halbwahrheiten und der persönlichen Sicht der Dinge eignet), ist es auch gar nicht mal so einfach, die reinen Fakten zu seiner Person zusammenzutragen. Wir haben uns dennoch bemüht dies zu tun, und hier also ist die Geschichte dieses Sonderlings - zumindest so weit nachvollziehbar!

Am 10. April des Jahres 1880 erblickte der kleine Alphonsus Joseph-Mary Augustus Montague Summers als jüngstes von sieben Kindern des überaus vermögenden Bankiers, Brauereibesitzers und Friedensrichters Augustus William Summers und seiner Ehefrau zu Clifton bei Bristol in England das Licht der Welt. Er genoss eine hervorragende Erziehung am Clifton College und interessierte sich bereits früh für Literatur und war bald ungemein belesen. Sein Vater sah für ihn eine Karriere im Kirchendienst vor, so studierte Montague Theologie am berühmten Trinity College in Oxford und am Theologischen Kolleg von Lichfield.

Es geht die Mähr, bereits zu jener Zeit habe der angehende Diakon der Kirche von England sich mit der Erforschung von unheimlichen Phänomenen beschäftigt, Ambitionen soll er geäußert haben. finstere Wesenheiten wie Hexen, Vampiren und Werwölfen zu exorzieren. In wieweit dies der Wahrheit entspricht, lässt sich kaum ergründen, sein großes Interesse am Umgang mit minderjährigen Jünglingen scheint da verbürgter zu sein, immerhin soll ihn dies um die Karriere in der Kirche seiner Majestät gebracht haben. Im Jahre 1908 wurde er sogar wegen eines solchen Vergehens angeklagt, mangels Beweisen aber wieder freigesprochen. Aus Rache an der heuchlerischen anglikanischen Kirche sei er dann zum Katholizismus konvertiert und habe sich zum Priester einer altkatholischen Freikirche weihen lassen, so liest man in den Biografien, die seine Verehrer über ihn verfasst haben, doch historisch untermauert ist auch dieser Abschnitt seiner Vita keinesfalls, zumal die meisten dieser katholischen Splitterkirchen von offizieller Seite (also aus Rom) gar nicht anerkannt sind. Fortan jedenfalls kleidete sich Summers in der Tracht eines katholischen Geistlichen aus dem 19. Jahrhundert und ließ sich mit "Reverend" anreden. Gerüchte darüber, Summers sei von höchster Stelle damit beauftragt worden, der Diözese von Glastonbury vorzustehen, also Oberhirte jener verquast esoterischen Ortschaft zu sein, welche so eng mit der Gralsgeschichte und allerlei anderen Legenden des englischen Eilands verwoben sein soll, machten die Runde. Aber, liebe Summers Fans, leider gibt noch gab es jemals einen katholischen Bischofssitz in spooky old Glastonbury, was nur bedeuten kann, hier brach sich einmal mehr die Legende um den Dämonenjäger ihre Bahn.

Was tat denn der junge "Reverend" nun wirklich in Folge? Nun, verdiente ganz irdisch seine Brötchen vorerst als Lehrer für Latein und englische Literatur an verschiedenen Privatschulen. Doch er war clever genug, den Rummel um seine Person auszunutzen und sich recht bald wieder seine exzentrischen Interessen versilbern zu lassen.

Erste eigene literarische Gehversuche hatte Summers 1907 gemacht, als sein Gedichtband "Antinous and other Poems" erschien, dessen Titel eine Anlehnung an den historischen Antinoos war, einen legendären Lustknaben des römischen Cäsaren Hadrian. Zu jener Zeit soll Summers auch Mitglied der "Uranian Poets" gewesen sein, einer Gruppe von Dichtern, die sich eine literarische (und vermutlich nicht nur einer solchen) Auslebung dieser Form der Sexualität auf die Fahnen geschrieben hatten. Bald nachdem er zu unterrichten begonnen hatte, beschäftigte er sich literarisch in der Hauptsache mit dem Theater des 17. Jahrhunderts, speziell dem englischen. Er gab neue Editionen von Dichtungen solcher Autoren wie John Dryden und William Congreve, Vertreter der so genannten "Restauration Period", heraus und rettete sie somit möglicherweise sogar vor der Vergessenheit. Bald konnte er ganz ordentlich von seiner literarischen Arbeit leben, so dass er die Lehrtätigkeiten aufgeben und sich wieder ganz seinem eigenen schrägen Lebenswandel widmen konnte, jener Mischung aus Bonvivant, Großinquisitor und hochnäsigem Intellektuellen. Er begründete die "Phoenix Gesellschaft", die sich den Aufführungen seiner geliebten Schauspiele widmete und wurde aufgrund seiner Verdienste um die englische Literatur im Jahre 1916 in die "Royal Society of Literature" berufen, einem ganz exklusiven Club. Tatsächlich darf man einige von Summers Schriften zu dieser künstlerischen Epoche wie das 1921 publizierte Buch "Restoration Comedies" oder "The Restoration Theatre" von 1934 durchaus als Standardwerke bezeichnen, die noch heute Gültigkeit haben. Sein Verdienst um die historische Theaterdichtung ist somit unumstritten.

In den 1920'er Jahren begann er sich wieder verstärkt dem Okkulten zuzuwenden. Schon während seiner theologischen Ausbildung soll er sich ja, wie wir bereits gelernt haben, verbissen mit dem Erforschen und Austreiben des Hexenwesens und der Dämonenkunde beschäftigt und standhaft die These vertreten haben, Satan sei ein reales Wesen, ein Verderber der Menschheit, den es unter allen Umständen zu bekämpfen gilt. Zweifellos habe dieser unheilige Geist zahlreiche Helfershelfer auf Erden, die mit ihm im Bunde stehen und ihm dienen. Die verbrannten "Hexen" des Mittelalters und der Renaissance waren für ihn keine tragischen Opfer einer religiösen Hysterie, sondern tatsächliche Verbrecherinnen, Magierinnen und Dienerinnen des Bösen, die ihr Schicksal mehr als verdient hatten. Zwar sorgte Summers mit diesen Thesen für einen handfesten gesellschaftlichen Skandal, doch die okkulten Schriften des verdienten Literaturwissenschaftlers verkauften sich wie geschnitten' Brot! 1926 veröffentlichte er sein erstes "Hexenbuch", "The History of Witchcraft", welchem im Folgejahr "The Geography of Witchcraft" und "The Necromancer of the Black Forest" folgten. 1928 erschien seine Übersetzung des legendären "Hexenhammers" aus dem Lateinischen ins Englische, jenes Buches des Dominikaners und Inquisitoren Heinrich Kramer, dem so viele Menschen zum Opfer gefallen waren und das Summers als eines der klügsten und bemerkenswertesten aller Zeiten lobte. In den Jahren 1928 bis 1933 wendete er sich schließlich den Vampiren und den Werwölfen zu, was ihm unter den "Internet Okkultisten" dieser Tage vermutlich den größten Ruhm einbrachte. Summers schien tatsächlich von der Existenz der Blutsauger und Gestaltenwandler überzeugt gewesen zu sein, so wollte er auch seine Bücher "The Vampire. His Kith and Kin" (1928), "The Vampire in Europe" (1929) und "The Werewolf" (1933), für die er Berge völkerkundlicher Schriften nach Berichten über allerlei Spuk- und Horrorgestalten durchforstete, als Beweis für das reale Vorhandensein solcher Wesen verstanden wissen. Dabei gelang ihm wohl eine der umfangreichsten Anthologien dieser Art überhaupt, was zumindest auch ein gewisser Verdienst ist.

Später widmete sich Summers noch den Gothic Novels und gab mit "The Grimoire" (1936), "Six Ghost Stories" (1937) oder "Supernatural Tales" (1947) gleich mehrere solcher heraus, nicht allerdings ohne auch hierzu noch den Literaturwissenschaftler in sich zu bemühen und mit seinem Buch "The Gothic Quest: A History of the Gothic Novel" ein adäquates Standardwerk über die klassische Schauergeschichte zu veröffentlichen. Seine letzten okkulten Schriften veröffentlichte er in den Jahren 1946 / 47 mit "Witchcraft and Black Magic" und "The Physical Phenomena of Mysticism".

Als relativ gesichert darf man Summers Mitgliedschaft in der okkulten Loge "Golden Dawn" ansehen, der wohl auch der Dracula Autor Bram Stoker angehört hat. Über seine Logentätigkeit hat der "Reverend" vermutlich auch den anderen Superstar unter den Okkultisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennen gelernt, den legendären Alleister Crowley, mit dem ihn eine tiefe und aus gegenseitigem Respekt hervorgegangene Freundschaft verbunden haben soll, was immerhin einigermaßen erstaunlich ist, da Crowley ja doch eigentlich für all das stand, was Summers als teuflisch und höllisch ablehnte. Ebenso erstaunlich ist die Wirkung, die Montague Summers offenbar auf etliche Zeitgenossen hatte. So bemerkte beispielsweise der Romanautor Dennis Wheatley, der Summers gut kannte und schätzte, er habe stets ein Schaudern, eine Art Beklemmung in der Gegenwart des "Reverends" gefühlt, dieser wüsste einfach zu viel über den Satan und das Böse. Anderen Berichten zufolge verwendete er auch gern den Ausdruck "heiligen Schauer", den er beim Anblick Montague Summers erfahren haben will. Manch anderer will Summers gar als unheimlich und sinister empfunden haben. Betrachtet man aber Fotos des verklärten Sonderlings, so kann man sich eines gewissen Schmunzelns nicht erwehren: man sieht einen eher kleinen gedrungenen Mann mit pausbäckigem Gesicht, der in seiner altmodischen Soutane samt schwarzem Umhang und Schuhwerk im Stile Ludwig XlV. nicht gerade imposant wirkt, wozu die Haarpracht, die ein wenig wie eine barocke Perücke wirkt, ein Übriges tut . Einen Mann des 20. Jahrhunderts vermutet man bei diesem Anblick nicht wirklich.

Am 10. August 1948 verstarb "Reverend" Montague Summers friedlich in seinem Haus in Richmond, Surrey, unweit von London. Weder Engel noch Dämonen sah man zu jener Zeit um das Haus streifen. Die einzigen Wesenheiten, die vielleicht damals frohlockt haben mochten, waren seine Nachlassverwalter, die sich fortan eine sorgenfreie Existenz aus dem Kapital, welches die irdischen wie die übernatürlichen Beschäftigungen des "Reverends" und "Bischofs von Glastonbury" angesammelt hatte, gestalten konnten und die noch bevor sein Körper kalt war eifrig weiter die Nebel beschworen, die fortan die klare Sicht auf den merkwürdigen Mister Summers trübten, denn mit den Legenden des Abseitigen, so weiß man, lässt sich im Diesseits vortrefflich Geld verdienen!


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