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BloodRayne

USA, Deutschland, 2005, Farbe, 99 min

 
Regie Uwe Boll
Drehbuch Guinevere Turner
Produzent Uwe Boll, Daniel Clarke
Kamera Matthias Neumann
Musik Henning Lohner
 
Kristanna Loken Rayne
Michael Madsen Vladimir
Matthew Davis Sebastian
Michelle Rodriguez Katarin
Ben Kingsley Kagan
Meat Loaf Leonid


Neulich, in einer nicht genau zu bestimmenden Zeit an einem eben solchen Ort:
Die junge Rayne, ein Zwitterwesen aus Mensch und Vampir (ein hier so genannter Dhampir) wird als Attraktion dem staunenden Publikum eines Wanderzirkus vorgeführt. Klares Wasser verbrennt aus unerfindlichen Gründen ihre Haut, ihre Arme werden mit Messerschnitten traktiert. Als ihre Peiniger - B-Film Klischeesadisten aus dem Handbuch für solche Szenen, möchte man sagen - ihr das Blut eines geschlachteten Schafes zu trinken geben, heilen ihre Wunden binnen Sekunden. Oh du Wunder der Natur…
Als später eines der abartigen Sackgesichter zu Rayne in den Käfig klettert um zu tun, was solche Gestalten in Filmen wie diesem üblicherweise mit schönen Frauen machen, gelingt Rayne die finale Rettungstat wie die Flucht. Doch zuvor gönnt sie sich noch ein ordentliches (von Olaf Ittenbach inszeniertes) Blutbad, das sie unter den Jahrmarkts-Perversos anrichtet. Nun hat sie das dunkle Wesen in sich erkannt, das sich Dank Menschenblut zur Raserei Bahn bricht.

Fortan kennt sie nur noch ein Ziel: Rache an Kagan, ihrem Vater und König der Vampire, der einst ihre Mutter vor ihren Augen vergewaltigte und tötete und nicht zuletzt auch dafür zuständig ist, dass Raynilein das Schnitzel nur blutig schmeckt! Von einer alten Wahrsagerin erfährt sie, dass Kagan es auf drei vampirische Artefakte abgesehen hat, die ihn gegen die drei ärgsten Hindernisse eines freien vampirischen Treibens - nämlich klares Wasser, Tageslicht und die berühmte Pinne durch die Pumpe - immun machen sollen: eine Rippe, ein Herz und ein Auge irgendeines uralten Hokuspokusmeisters. Schon macht sich Rayne auf zu dem Kloster, indem besagtes Auge von einer Schar todesmutiger Kampfmönche (unter anderem uns Udo Kier in einer viel zu winzigen Minirolle) bewacht wird. Just in dem Augenblick, als sie es stibitzen will, überfallen Kagans Truppen unter Führung seines menschlichen Feldherren Domastir das Kloster und metzeln sich durch die frommen Männer. Zwar erscheint auch das heldenhafte Vampirjägertrio Vladimir, Sebastian und Katarin, die Elite der Brimstone Society - einem Geheimbund, der sich na welcher Aufgabe wohl verschrieben hat? - auf der Szenerie, das zwar noch schön effekthascherisch in die Kampfhandlungen eingreifen, letztlich aber nicht verhindern kann, das Domastir Rayne samt Artefakt in seine Gewalt bringt und mit ihr zu dem fetten Vampirekelpaket Leonid flieht. Dieser giert nun seinerseits selber nach dem Auge - und nach Rayne, was ihn aber alsbald teuer zu stehen kommt.

Natürlich gelingt die Befreiung Raynes durch Vlad und den Basti, anschließend nehmen diese sie mit in das Hauptquartier der Brimstones, wo man ihr zunächst allerdings mit großem Misstrauen begegnet. Doch bald betrachtet man sie als eine der Ihren, und schließlich schmeißt sie sich sogar noch dem schmucken Krieger Sebastian an den Hals. Alles könnte so schön sein, doch da fallen die Truppen Domastirs über das Brimstone Lager her und machen mit Mann und Maus alles nieder. Wenn da mal nicht Verrat im Spiel war, denken sich Vladimir, Sebastian und Rayne, die natürlich zum Massaker nicht vor Ort waren und somit nun die letzten Überlebenden der Brimstone sind.

Nun drängt sie Zeit, denn Kagan hat inzwischen die Rippe in seinen Besitz bringen können. Rayne macht sich auf, das Herz zu finden und mit dem Verräter abzurechnen, während Sebastian und Vladimir dem Raffzahn in die Hände fallen. Zum großen Finale versammeln sich endlich Freund und Feind in Kagans Palast zur großen Sause.
Wird Rayne ihre Rache nehmen und Kagan besiegen? Wird sich am Ende gar ihre dunkle Seite durchsetzen und sie selbst nach der Krone der Vampire greifen lassen…?


Früher einmal war es ja so: hatte irgendetwas für den Spielemarkt verwertbares Erfolg, etwa ein Aufsehen erregender Film, so machte man ein Game daraus um auch auf diesem Sektor fleißig abzukassieren. Als Paradebeispiel hierfür darf man wohl die Geschäftspraxis der Firma Lucas ansehen, die seinerzeit mit den "Star Wars" und "Indiana Jones" Spielen zwar echte Innovationen auf den Markt warfen und somit einiges ins Rollen brachten, sich aber andererseits immer wieder den Vorwurf anhören mussten, die Filme ohnehin nur hergestellt zu haben, um anschließend den ganz großen Reibach mit dem Merchandise zu machen. Natürlich verfährt inzwischen jeder potenzielle Blockbuster-Lieferant von "Findet Nemo" bis hin zum "Fluch der Karibik" nach diesem Prinzip, auch wenn sich dieses langsam erschöpft hat und immer mehr teure Riesenproduktionen finster absaufen. Wie aber kann man nun verhindern, dass die tapferen, hart arbeitenden (hüstel) Filmproduzenten Millionen von kleinen bedruckten Scheinchen verlieren? Ganz einfach, man geht den umgekehrten Weg und setzt auf eine Attraktion, die bereits bekannt ist, etwa auf ein bekanntes und erfolgreiches Computerspiel, denn so kann man sich teure Marktanalysen und das lästige Rumgrübeln nach neuen Ideen fast vollkommen schenken und im Idealfall direkt auf die Gewinnspur gehen, zumal das PC und Konsolenfutter inzwischen schon lange popkulturell zu den "Produkten" (sag ich jetzt mal ganz böse!) Musik, Film und Fernsehen hat aufschließen, gar manches Mal im Ansehen der Zielgruppe die Altvorderen sogar übertrumpfen können. Was also läge näher, als den allseits beliebten Synergieeffekt von der anderen Seite aus anzugehen und weiterhin fröhlich abzusahnen?

"Doom", "Resident Evil", "Final Fantasy", "Mortal Kombat", die Liste der filmgewordenen Daddel-Plaisirs ist inzwischen recht lang, und sogar die guten alten "Super Mario Bros" haben irgendwann mal das Licht der Spielhäuser erblickt. So lag es nur nahe, dass irgendwann mal jemand auf die Idee kommen musste, das erfolgreiche (und auch in unserem Forum durchaus eifrig diskutierte und nicht selten gelobte) Vampirspiel "BloodRayne" zu einem abendfüllenden Filmevent zu verwur… Pardon, zu verarbeiten. Na ja, im Prinzip ist ja dagegen eigentlich nichts zu sagen, lassen wir uns also überraschen, sagte sich der Rezensent ließ den Silberling in den Player gleiten.
Und der Vorspann verhieß sogar einiges. Finstere Bildausschnitte apokalyptischer Gemälde waren zu sehen, Breughel, Bosch, in der Art, das hatte tatsächlich Klasse, dazu Namen von Mitwirkenden wie Michael Madsen, Kristanna Loken, Ben Kingsley, Geraldine Chaplin, Michelle Rodriguez, Billy Zane oder Meat Loaf, für einen B-Film also durchaus eine ganz veritable Starpower. Dummerweise war aber auch bald noch ein anderer Name zu lesen, der irgendwie dafür sorgte, dass man sich auf dem bequemen Sessel gar nicht mal mehr so wohl fühlen mochte, und zwar… Uwe Boll!

Tja, der Herr Boll! So gern wäre er ein deutsches Wunderkind im Lande des Big Business, ein Quotenbringer vom Schlage eines Roland Emmerich oder eines Wolfgang Petersen, einen, den man dort künstlerisch so ernst nimmt wie einen Wim Wenders, einen Volker Schlöndorff oder auch einen Tom Tykwer. Es mangelt dem Herrn Boll auch gar nicht an Selbstvertrauen, allein sein Unvermögen steht dem Mann im Weg. So inszeniert er Flop um Flop um Flop und bringt die Filmwelt doch immer wieder zum Staunen dadurch, dass es ihm auf überhaupt nicht nachvollziehbare Weise immer wieder gelingt, sich für jedes neue Projekt größere Budgets zu beschaffen, wo auch immer. Im Fall "Bloodrayne" sollen ihm sogar rund 20.000.00 $ zur Verfügung gestanden haben, von denen - da würde ich mal wetten - ein nicht unerheblicher Teil mit Sicherheit in die Taschen der Stars gewandert sein dürften, bei denen man sich ohnehin fragt, wie zum Teufel sie nur in dieses Projekt herein geraten konnten. Loch im Terminkalender? Oder im Geldbeutel?

Jedenfalls hat Boll mit der Knete überhaupt nichts anzufangen gewusst. Die Kostüme und Sets wirken zum Teil wie der Restfundus eines wegen chronischer Erfolglosigkeit aufgelösten Bauerntheaters. Die Außenaufnahmen hingegen - es wurde in Rumänien gedreht - gehen allerdings in Ordnung, da kann man kaum meckern. Allerdings wird sehr schnell ziemlich offensichtlich, dass Peter Jacksons Ring-Trilogie Uns Uwe maßlos beeindruckt haben muss, denn er nutzt jede sich bietende Gelegenheit, seine Hauptdarsteller durch die Karpatenlandschaft galoppieren zu lassen wie einst Jackson die Gefährten durch Neuseeland, und sie dabei mittels Helikopterkamera ganz toll heldenhaft aussehen zu lassen, dramatische musikalische Untermalung inklusive. Na gut, schön sieht das ja aus, aber irgendwann ist auch das Stilmittel abgedroschen, und was bleibt dann noch? Im Grunde überhaupt nichts.

Boll hat überhaupt keinen Sinn für Timing oder Dramaturgie. Die ohnehin schon ziemlich flache Geschichte geht bei seiner Erzählweise gänzlich verloren, oder vielmehr, sie fällt gar nicht mehr ins Gewicht. Theoretisch könnte man den gesamten Film Szene für Szene auseinander nehmen und einfach in beliebiger Abfolge neu aneinander montieren, dem Erzählfluss täte es keinen Abbruch. Immer wieder fügt Boll nervende und unpassende (und zudem mangelhaft ausgeleuchtete und unfassbar schlecht geschnittene) Rückblenden in die Handlung ein und bremst sie aus. Wichtige Ereignisse wie der Überfall auf das Brimstone-Hauptquartier werden gänzlich unterschlagen, dafür gibt es ein völlig unpassendes oben ohne Sexszenchen, in dem Matthew Davis der Loken die Bluse zerreißen und mit ihrer Oberweite spielen darf. Ob das erotisch ist? Nein, es ist einfach nur…unpassend, irgendwie! Genau so unpassend wirken die übertrieben drastischen Splatterszenen, die wie bereits erwähnt in der Verantwortung Olaf Ittenbachs lagen, und die sich so gar nicht in den ansonsten eher mainstreamig angelegten Film einfügen wollen. Einen krassen Gegensatz dazu bilden die völlig lahm choreografierten Kampfszenen, in denen die Schauspieler hilflos mit ihren Schwertern herumfuchteln und nicht mal den Anschein erwecken, als verstünden sie was vom Kampf. Wie wir sehen, filmische Homogenität geht mit Sicherheit anders.

Zumindest die Stars aber sollten doch sehenswert sein, oder? Nun ja, da hätten wir also zunächst mal Kristanna Loken, die ja immerhin schon Schwarzeneggers Gegenspielerin im dritten (und schlechtesten) "Terminator" geben durfte, die hier aber lediglich durch ihr gutes Aussehen und ihr knappes Outfit auffällt, ansonsten aber ziemlich fehlbesetzt wirkt. Auch Michelle Rodriguez, die man vielleicht aus der TV Serie "Lost" kennen mag oder aus "Resident Evil", einer weiteren Zweitverwertung eines erfolgreichen Spiels, ist hübsch anzuschauen, hat aber schauspielerisch nichts zu bieten und wirkt in etwa wie eine billigere Ausgabe von Asia Argento. Billy Zane, Udo Kier, Meat Loaf, Geraldine Chaplin (die sich ziemlich offenkundig aber so was von deplatziert gefühlt hat) und Michael Paré absolvieren ohnehin nicht viel mehr als kurze Cameos. Und auch nur eben das allernötigste hingegen leisten die beiden großen Mimen Michael Madsen, der unter anderem mit Quentin Tarantino "Reservoir Dogs" und "Kill Bill" drehte (ursprünglich war Madsen sogar für die Rolle des Killers Vince Vega in "Pulp Fiction" vorgesehen, konnte aber aufgrund anderer Verpflichtungen diese nicht wahrnehmen, weswegen der Part bekanntlich an John Travolta ging, dem auf diese Weise das wohl coolste Comeback der Filmgeschichte gelang), für Ridley Scott in "Thelma & Louise" spielte und neben Pierce Brosnan für den Bond-Film "Die Another Day" vor der Kamera stand, und Sir Ben Kingsley, ein Mann, der aufgrund seiner Verdienste für das Schauspiel (und somit für die Kunst) von der Queen geadelt worden ist, der Mahatma Gandhi und Moses spielte, der mit Polanski "Der Tod und das Mädchen" drehte und mit Spielberg "Schindlers Liste". Die beiden alten Recken agieren so unmotiviert und lustlos, dass sie wahrscheinlich nur ganz knapp am Vertragsbruch vorbei geschrammt sind. Boll scheint sich deswegen mit zwei der furchtbarsten und am schlechtesten sitzenden Perücken der Filmgeschichte an ihnen gerächt zu haben. Oder gab der Fundus des Bauerntheaters einfach nichts Besseres her?

Zieht man also ein Fazit, so kann man durchaus feststellen, dass es eigentlich absolut keinen Grund gibt, weswegen man sich dieses dilettantische "Bollwerk" anschauen müsste. Schöne Landschaften gibt es in anderen Filmen auch zu sehen, Kristannas Brüste werden die, die es unbedingt brauchen, gewiss schon an anderer Stelle zu finden gewusst haben, lahme Schwertkämpfe braucht kein Mensch und das simple Nichts an Geschichte ist es nicht einmal unbedingt wert, überhaupt erzählt zu werden (hat Boll wohl auch so gesehen, weshalb er sich wohl auch so viel Mühe gab, die Geschichte vollends zu versieben.) Bleibt das bisschen Splatter für die Freunde von der Gedärmeverwertung, das aber bei weitem nicht ausreicht, einen Film, der sich mitunter gar einen epischen Anspruch geben möchte, zu tragen. Trashiger Filmspaß alter Schule? Mitnichten!

Ähnlich hat es wohl auch das Publikum gesehen, denn der Film floppte in den Kinos der USA und Kanadas so sehr, dass man sich hierzulande entschieden hat, ihn als Direct to DVD Premiere auf den Markt zu werfen. Nach weniger als sechs Wochen landete er dann bereits auch schon bei den Billigheimern. In den gesamten USA und Kanada wollten übrigens weniger als 700.000 Leute die DVD kaufen oder ausleihen, was bedeutet, der Film hat seine Kohle vermutlich nicht einspielen können. Dennoch macht die Mär die Runde, Boll arbeite an einer Fortsetzung. Ob Kristanna Loken wieder die Rayne spielen wird oder dankend abgelehnt hat, das hängt davon ab, welchen Quellen im www man vertrauen mag.

       



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