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Die Hexe des Grafen Dracula ( OT: Curse of the Crimson Altar)
AKA: The Crimson Altar, The Crimson Cult, Curse of the Crimson Cult, The Reincarnation, Spirit of the Dead, Witch House, Schwarze Messen auf blutrotem Altar, Black Horror, La Maldicion del Altar Rojo

UK 1968, Farbe, 89 Minuten
 
Regie: Vernon Sewell
Drehbuch: Henry Lincoln, Gerry Levy, Mervyn Haisman
Literarische Vorlage: "The Dreams in the Witch House" von H.P. Lovecraft
Produzent: Louis M. Heyward für Tigon / AIP
Musik: Peter Knight
Kamera: John Coquillon
Christopher Lee J.D. Morley
Mark Eden Robert Manning
Boris Karloff Professor Marsh
Barbara Steele Lavinia
Michael Gough Elder
Virginia Wetherell Eve Morley


Auf der Suche nach seinem unter mysteriösen Umständen scheinbar der Welt abhanden gekommenen Bruder Peter landet der Antiquitätenhändler Robert Manning (mich dünkt, er übt nebenher noch den schönen Beruf des Superagenten oder ähnliches aus, zumindest benimmt er sich so) im schmucken Schloss Craxton Lodge, welches in einer verwunschenen kleinen Ortschaft namens Graymarsh zu finden ist. Wie wir erfahren sollen, stammt Mannings Familie ursprünglich aus jenem Landstrich, doch diesmal macht der schmissige Altwarenhändler hier halt, weil die letzte verwertbare Spur, die der verschollene Verwandte hinterließ, ihn her führte. Schlossherr J.D. Morley, scheinbar ein leicht zerstreuter Schöngeist, will nichts über den Verbleib des jungen Mannes wissen und gibt vor, ihn gar nicht zu kennen, dennoch lädt er Manning zum Bleiben ein, denn der werde aufgrund des Besucherandrangs anlässlich der "Hexenfeier", einem lokalen Volksfest, bei der symbolisch die Hexe Lavinia, die die Gegend vor rund 350 Jahren unsicher machte, mit lautem Tamtam und Feuerwerk verbrannt wird, sicher keine andere Übernachtungsmöglichkeit in Graymarsh finden können. Manning nimmt dankend an, zumal es ihm die süße Eve, Morleys Nichte, angetan hat.

Nach den ausgelassenen Feierlichkeiten lernt Manning den an den Rollstuhl gefesselten Professor Marsh kennen, einen reichlich sinistren und zwielichtigen Charakter, Okkultismusexperte seines Zeichens, von dem der wackere Trödler erfährt, dass die Hexe Lavinia eine Ahnfrau Morleys war und Mannings Familie von jenem Inquisitor abstamme, der dereinst für den Tod der Satansdienerin in der Verantwortung stand. So hängen Manning finstere Gedanken nach, bevor er sich bettet, besonders nachdem ihn das wirre Hausfaktotum Elder eindringlich warnt, er möge lieber von Craxton Lodge verschwinden, solang er dies noch könne. Wen wundert es da noch, dass unseren Helden bald düstere Alpträume plagen. Er sieht sich auf einer schwarzen Messe der grünhäutigen Lavinia ausgeliefert, die ihn dazu zwingen will, ihr seine Seele zu überschreiben.

Am nächsten Morgen ist sich Manning gar nicht mal mehr so sicher, ob er all das wirklich nur geträumt hat, zumal der Traum sich in der folgenden Nacht wiederholt und der Mann sich somnambul auf dem Friedhof umher irrend wieder findet, an seinem Arm eine klaffende Wunde, in die Lavinia in seinem vermeintlichen Nachtmahr einen Dolch rammte. Robert Manning sucht die örtliche Polizeibehörde auf, doch dort ist man wenig gewillt, dem Fremden ob seiner merkwürdigen Geschichte Glauben zu schenken. So macht Manning sich unterstützt von Eve Morley auf eigene Faust ans Ermitteln und stößt schon bald auf einen Geheimgang, der von seinem Zimmer in eine rätselhafte Kammer auf dem Dachboden des alten Gemäuers führt, die Manning als den Ort seiner Alpträume erkennt. Schließlich entdeckt er die Leiche Elders, der ihn hatte warnen wollen. Wer also spielt hier falsch und hat Elder und vermutlich auch Peter Manning auf dem Gewissen? Morley? Professor Marsh? Ein unbekannter Dritter? Oder hat am Ende gar die von Rache getriebene und aus dem Totenreich zurückgekehrte Hexe Lavinia selber die Finger im Spiel?

Als Manning es herausfindet, ist es fast zu spät, denn schon ist die schöne Eve in der Gewalt der finsteren Mächte…


Wer nicht gar nur ein Wichtelhirn sein eigen nennt, kann mit ein wenig Fantasie leicht vom unglaublich doofen und ansonsten ziemlich irreführenden deutschen Verleihtitel "Die Hexe des Grafen Dracula" ableiten, wer denn nun der wahre Schmutzbuckel ist, der all die Missetaten verbrach. Natürlich ist es uns Chris Lee, den man ja gerade zu jener Zeit, als dieser Filmquickie hier entstanden ist, mit der Rolle des Grafen Dracula identifizierte wie vielleicht sonst nur Pierre Brice mit Winnetou oder Leonard Nimoy mit Mr. Spock. Lees Charakter Morley führt ein Doppelleben, in Wahrheit ist er natürlich nicht der leicht unterbelichtete Bonvivant, als der er sich gibt, tatsächlich ist er ein hypnotisch begabter Wahnsinniger, der besessen davon ist, den Tod seiner Ahnin an den Nachkommen der Manning Familie zu rächen. Am Ende setzt er irre grinsend sein Schloss in Flammen und kommt in den Selben um. Noch einmal hören wir die Hexe böse lachen…. Dass hierbei nicht immer so recht den Gesetzen der Logik gefolgt wird, muss wohl nicht extra betont werden.

Auf jeden Fall war Lee ja aufgrund seines Finstermann-Images bereits prädestiniert, den Schurken zu geben, hier blieb er dabei allerdings weit unter seinen ansonsten ja durchaus recht eindrucksvollen schauspielerischen Leistungen, was aber gar nicht unbedingt seine Schuld ist, denn die Spielleitung wollte es wohl nicht anders. Wie sonst wäre es anders zu erklären, was Regisseur Vernon Sewell, der ja beileibe kein besonders großes Licht im Horrorgenre war / ist, mit seiner gestandenen Starriege machte? Neben Lee vergeudete er die Präsenz des legendären Boris Karloff, dessen letzter regulärer Film der hier besprochene gewesen ist, indem er den Altmeister lediglich finster in die Kamera blicken und ihn dabei unheilvoll Weisheiten wie: "Lassen sie sich nicht täuschen, Mr. Manning, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde…." verbreiten ließ. Immerhin war Karloff ja bei den Dreharbeiten bereits 82 Jahre alt. Man munkelt, er sei hierbei erkrankt, was letztlich zu seinem Tod geführt haben soll, dafür möchte ich mich aber nicht verbürgen. Eine beinahe aber schon als kriminell zu bezeichnende Verschwendung darstellerischer Fähigkeiten kommt dem Einsatz der großen Barbara Steele zu, die hier insgesamt höchstens dreimal als grünhäutige, tief dekolletierte Lavina auftaucht. Vermutlich hatte man sich dies als satirisches Zitat ihrer grandiosen Vorstellung in Mario Bavas genialem Black Sunday gedacht, aber der Scherz ging leider gründlich daneben. Man muss sich das mal vorstellen, Sewell hat hier Karloff, Lee und Steele am Start, drei absolute Ikonen ihres Fachs, und verschenkt dennoch die Möglichkeiten, die sich hieraus ergeben. Das darf man schon beinahe als Leistung bezeichnen.

Wofür allerdings auch Sewell nichts kann, sind die reichlich vielen falschen Federn, mit denen man diesen vermeintlichen "Horrorschocker", den man streng genommen eher dem Subgenre "Gruselkrimi" zuordnen müsste, zu schmücken trachtete. "Die Hexe des Grafen Dracula" ist als Titel natürlich schon mal eine kreuzdämliche Dreistigkeit sondergleichen, denn alles was den Film mit unserem guten alten Grafen verbindet, ist halt Christopher Lee, sein vielleicht bekanntester Darsteller, den wir hier aber in einer völlig anderen Rolle sehen (mal wieder mit schmuckem Schnauzer!). Dracula oder nur irgendein Vampir tauchen im ganzen Film nicht auf. Eine Hexe hingegen schon, die, wie bereits erwähnt, ja ebenfalls sehr prominent (fehl)besetzt ist und letztlich doch immer nur der Phantasie der Hypnotisierten entspringt. Nur seltsam, dass sie in den Halluzinationen sämtlicher Opfer stets vollkommen gleich aussieht, aber wie man hier mit der Logik umsprang, wurde ja bereits angerissen. Damit hätten wir also bereits geklärt, wie der deutsche Verleiher mal wieder dreist seinem Publikum die Tasche voll log um selbige zu plündern. Hexen! Vampire! Kommen sie und staunen! Und staunen kann man tatsächlich ob all der leeren Versprechungen. Allerdings macht es der Originaltitel "Curse of the Crimson Altar", dem man im Deutschen immerhin mit dem Alternativtitel "Schwarze Messen auf blutrotem Altar" huldigte, auch nicht viel besser, denn ein roter Altar ist im Film ebenso wenig zu finden, wie erklärt werden würde, was es denn mit dieser farbenfrohen Schlachtplatte auf sich haben soll. Mumpitz auch, dass die Geschichte von HP Lovecrafts Erzählung "The Dreams in the Witch House" adaptiert worden sei, was zwar verbreitet, nicht aber offiziell im Vor-/Abspann gelistet wurde, vermutlich um einen Tantiemenstreit mit dem Arkham House Verlag zu entgehen. Zwar ist eine solche Referenz in aller Regel recht verkaufsfördernd, aber letztlich ging man mit der angeblichen Vorlage so frei um, dass man im Prinzip jede Hexengeschichte inklusive "Hänsel und Gretel" als Ursprung hätte angeben können.

Trotz alledem muss man den Film nicht unbedingt als gänzlich misslungen betrachten, denn wenn man nicht allzu viel erwartet (Menschen, Vampire, Sensationen, zum Beispiel) und sich vielleicht von den berühmten Edgar Wallace Filmen gut unterhalten fühlt, dann kann man auch diesen Film mögen, der ein bissel wie ein Endsechziger Update jener Filme in etwas weniger altbacken daherkommt. Man gebe noch einen Spritzer James Bond hinzu (tatsächlich sieht der Robert Manning Darsteller Mark Eden sogar dem glücklosen Einmal-Bond George Lazenby nicht unähnlich), verpasse dem Helden beispielsweise das Paarungsverhalten des Meisteragenten und mit Virginia Wetherell gleich noch eine Partnerin, die auch in einem 007 Film eine Zier gewesen wäre, fertig ist er, der Blockbuster. So hat man sich das damals wohl gedacht, genutzt hat es nichts, der Film fiel bei Kritik wie Publikum gnadenlos durch. Viel gekostet haben wird "Crimson Altar" nicht, weswegen sich der Verlust in Grenzen gehalten hat, den Karrieren seiner Stars wurde kein nachhaltiger Schaden zugefügt, da der Streifen eh absoff. Halb so wild also.

Erwähnenswert ist am Rande vielleicht noch die Tatsache, dass einer der Drehbuchautoren dieses Films niemand geringerer ist als Henry Lincoln, jener Mann, der Anfang der 1980'er Jahre mit seinen Co-Autoren Michael Baigent und Richard Leigh den legendären "Sachbuch" Klassiker "The Holy Blood and the Holy Grail" ("Der heilige Gral und seine Erben") herausgab, welcher Dan Brown zu seinem "Da Vinci Code" ("Sakrileg") inspirierte und die These verbreitete, Jesus Christus sei mit Maria Magdalena verheiratet gewesen, seine Nachkommen seien nach Frankreich geflohen und hätten dort die Dynastie der Merowinger begründet, weswegen die gesamte Kirchengeschichte eine Lüge ist.

Aber das ist eine andere Geschichte, die mit dem "Crimson Altar" allerdings eins gemein hat: Es kommen keine Vampire darin vor!

 


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