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Frostbite

Schweden, 2006, Farbe, 98 Minuten
Regie: Anders Banke
Produzenten: Göran Lindström, Magnus Paulsson
Drehbuch Daniel Ojanlatva
Musik: Anthony Lledo
Kamera: Chris Maris
Petra Nielsen Annika
Grete Havnesköld Saga
Emma Åberg Vega
Jonas Karlström Sebastian
Måns Nathanaelson Lukas
Carl-Åke Eriksson Professor Gerhard Beckert
Mikael Göransson Jacob
Anna Lindholm Mona


Die Ukraine Anno 1944. In der Hölle der Ostfront sind aus deutschen Besatzern längst Gejagte geworden. So schlägt sich ein kleines braunes Häuflein von Waffen-SS Soldaten auf der Flucht vor der Roten Armee durch die Tiefschneepampa. Die Männer sind erleichtert, als sie eine Hütte entdecken, die ihnen zwar nicht ganz koscher erscheint, aber das ist immer noch besser als bei -30° im Freien zu übernachten. Man wähnt sich vorerst in Sicherheit, doch zu früh gefreut, denn in der Nacht bricht ein wahres Inferno über die Männer herein…

Nordschweden mehr als 60 Jahre später, eine Kleinstadt am Rande des Polarkreises. Hierhin hat sich die Forscherin und Ärztin Annika zurückgezogen, um im hiesigen Krankenhaus mit dem erfolgreichen Wissenschaftler Beckett zusammenzuarbeiten, der allerdings irgendwie ein wenig verhuscht daherkommt und sich in der Hauptsache nur für eine einzige Komapatientin interessiert. Seltsam…
Der medizinische Nachwuchs des Hauses versucht indes der Tristesse der immerwährenden Finsternis - wir haben schließlich Polarnacht hier oben - durch allerlei respektlosen Unfug mit dem Klinikinterieur, wilden Partys und dem fröhlichen Konsum farbenfroher Arzneien zu entgehen. So stibitzt ein junger fescher Assistenzarzt beispielsweise rätselhafte rote Pillen, die für das Amüsement der bevorstehenden Sause herhalten sollen, in ihm aber eine seltsame Metamorphose auslösen, der zunächst einmal der Familienhund seiner Freundin zum Opfer fällt.

Annikas 17jährige Tochter Saga findet indes bei den örtlichen Jugendlichen schnell Anschluss und wird auch sogleich von der Klischee Gothic/Punkette Vega unter die Fittiche genommen. Alsbald soll wieder ein duftes Fest steigen, da muss man doch hin, sagt die Vega zu der Saga. Gesagt, getan! Während also Mama Annika im Spital Nachtschicht schiebt und dort so ganz allmählich hinter die sinistren Geheimnisse des Professor Beckett kommt, die dieser seit einer düsteren ukrainischen Nacht des Jahres '44 mit sich trägt, geht Klein-Saga ordentlich feiern. Dass die Party dann aber irgendwie völlig aus dem Ruder läuft, war zwar eigentlich klar, dennoch haben die jungen Leute das irgendwie anders erwartet, denn schon bald färbt sich der Pulverschnee blutrot…

Werden Annika und Saga dem Schlachtfest entfliehen können?


Das also ist er nun, der lange angekündigte Geheimtipp aus Schweden, der mancherorts im Internet schon im Vorfeld über den grünen Klee gelobt wurde und in Deutschland vor seiner DVD Premiere bislang nur auf dem Fantasy Filmfest Wanderzirkus bestaunt werden konnte.

Ich muss zugeben, ich hatte mich wirklich auf diesen Film gefreut. Man hatte ja quasi nur Gutes darüber zu hören bekommen, also flugs eine kompetente Runde fachkundiger Filmfreunde zusammengetrommelt und Bier kaltgestellt, und dann konnte der vergnügliche Filmabend ja auch schon beginnen. Doch irgendwie wollte sich so gar nicht recht die erwartete Stimmung einstellen, und so machten schon bald erste Unmutsbekundungen der Freunde den Reigen, und das nicht mal zu Unrecht. Schauen wir mal:
Der Anfang war gar nicht mal schlecht. Zwar sah die Sache mit den Soldaten nicht gerade nach Hollywood und unendlichem Budget aus, was ja auch gar nicht muss, und auch die üblichen Nazi-Klischees blieben nicht erspart, dennoch, das Einstimmen auf das vermeintlich Kommende funktionierte. An dieser Stelle durfte man also durchaus noch den Eindruck haben, man werde nun mit einem soliden Low Budget Film bedient, der vielleicht noch den einen oder anderen originellen Gag bereitzuhalten versprach. Vielleicht nicht ganz der Knaller, auf den man eigentlich gehofft hatte, aber gut, hatte ja gerade erst angefangen.

Der Zeitsprung in die gegenwärtige Polarnacht funktionierte ebenfalls noch ziemlich gut. Allerdings, hier fingen die Probleme bereits an. Der (mir zumindest) unbekannte Regisseur Anders Banke scheint irgendwie keinen rechten Sinn für's Timing zu besitzen, denn er führte erst einmal jede Menge Personen ein, von denen wir gerade mal so viel zu sehen bekamen, dass wir begreifen sollten, jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte, die ja vielleicht im Laufe des Plots noch irgendwann mal wichtig sein könnte. Das aber bewahrheitete sich in etlichen Fällen gar nicht, und so wurde viel Zeit für Subplots und Nebenfiguren verschwendet, die man zum Aufbau einer schlüssigen, rasant ablaufenden Story und einem gewissen Sinn für Dramatik hätte besser verwenden können. Gerade daran haperte es nämlich im Laufe des Films, der sich ohnehin nicht recht entscheiden konnte, was er nun eigentlich für einer sein wollte, ziemlich häufig.

Der Mittelteil bekam dann so manch eine Kurve wieder. Die Geschichte, die sich zwischen Annika und Beckett im einsamen Klinikkeller abspielte, war sogar richtig knorke, und auch so manch ein Splattergag zündete. Dann allerdings leitete die Geschichte zum völlig albernen Finale über, welches das Niveau einer amerikanischen Teenie-Horrorkomödie aus den 1980'er Jahren nicht zu überbieten wusste, aber so etwas liegt ja seit einiger Zeit wieder völlig im Trend. Doch auch hier fehlte wieder das Gespür für den richtigen Augenblick. So wirkten die Szenen, die sich so zum Schluß des Films abspielten, oft seltsam aneinander gereiht, ohne in irgendeiner Form einen Eindruck von Homogenität zu vermitteln - und mit dieser Meinung stand ich in unserer Filmrunde nicht allein da! Fast konnte man den Eindruck haben, Banke habe einen Film gedreht, der in Wirklichkeit vielleicht drei Stunden lang hätte sein sollen (und so war es ja wohl auch, weil so ist es ja eigentlich immer), doch dann rief wer zur Ordnung und verlangte, dass man das Ergebnis auf ein "vernünftiges" Maß zu reduzieren habe, etwa 1,5 Stunden. Einen guten Regisseur macht nun dann aus, dass er aus dem vorhandenen Material und der Vorgabe ein bestenfalls mitreißendes Erlebnis macht, ein begeisterndes Filmereignis, zumindest aber einen ordentlich funktionierenden Streifen, den man getrost als solide oder gekonnt bezeichnen darf. Wird dies nicht erreicht, so hat man wohl de facto kein glückliches Händchen bei der Auswahl dessen, was letztlich zu sehen sein soll, gehabt und somit keinen guten Film gemacht.

Gar so weit möchte ich es im vorliegenden Fall nicht ausgedrückt wissen, denn ein nicht wirklich guter Film muss nicht zwangsläufig gleich ein schlechter sein. Es gab ja sehr wohl einige gute Szenen, einige wirklich gelungene Gags, eine an sich ja gar nicht mal so schlechte Geschichte, die man vielleicht nur ein klein wenig anders hätte erzählen müssen und die man schneller hätte auf den Punkt bringen dürfen, dann hätte all das, was man zum Ausdruck hat bringen wollen, auch funktioniert. So aber klaffen immer wieder logische Löcher im Gefüge, so vermag sich weder das "Gruseln" noch der Genuss, wenn man so will, einstellen.

Am Ende blieb und bleibt letztlich der Eindruck, das alles hat man schon etliche Male besser gesehen, spannender, mitreißender, aufregender. So wird dieses an sich ja nicht gerade unambitionierte Projekt sicher schon recht bald wieder in der Versenkung verschwinden, was schade ist, sehr schade, denn wie gesagt, eigentlich hatte ich mich ja wirklich auf den Film gefreut…

       



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