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Near Dark - Die Nacht hat Ihren Preis   (OT: Near Dark)
AKA: Buio si avvicina, Il, Aux frontiéres de laube

USA 1987, Farbe, 89 min
 
Regie: Kathryn Bigelow
Drehbuch: Eric Red, Katryn Bigelow
Produzent: Steven-Charles Jaffe
Musik:  
Kamera:  
 
Adrian Pasdar Caleb
Jenny Wright Mae
Lance Henriksen Jesse
Bill Paxton Severen
Tim Thomerson Loy
Joshua Miller Homer
Marcie Leeds Sarah

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Eines Nachts trifft der junge Farmersohn Caleb in seinem trostlosen Oklahoma-Kaff die hübsche bleiche und geheimnisvolle Mae und ist sogleich von ihr fasziniert. Sie gehen auf eine nächtliche Spritztour, bei der Mae völlig die Zeit vergißt, kurz vor Sonnenaufgang fleht sie Caleb an, sie schnellstens nach Hause zu fahren. Dieser hält den Wagen an und "erpreßt" einen Kuss von ihr, nicht wissend, worauf er sich da einlässt, denn Mae ist (natürlich) ein Vampir. So landet ihr Gebiß schließlich auch am Hals des jungen Mannes. Sie beißt zu, tötet ihn aber nicht. Als ihr klar wird, was sie getan hat, läuft sie davon, außerdem ist eh bald Sonnenaufgang. Das muß auch Caleb, dessen Metamorphose zum Nachtwesen sich direkt vollzieht, schmerzlich feststellen. Weil sein Auto nicht mehr anspringt, muß er per pedes heimwärts, und je höher die Sonne in den Himmel klettert, desto schlimmer steht es um sein Befinden. Kurz vor der heimischen Farm bricht er zusammen und wird vor den Augen seiner Familie in ein heranbrausendes Wohnmobil mit abgedunkelten Scheiben entführt.

Als er wieder zu sich kommt, ist Mae bei ihm und er lernt ihre "Familie" kennen: Jesse und Diamondback, die "Vater- und Mutterfiguren" des Vampirclans, den psychopatischen Severen und Homer, äußerlich ein Kind und gezwungen, die Ewigkeit in diesem Körper verbringen zu müssen (ähnlich wie Claudia in "Interview mit einem Vampir".) Und diese unfreundlichen Figuren sind nun nicht sonderlich begeistert davon, Caleb in ihre Reihen aufzunehmen, wollen ihm jedoch eine Woche Bewährungsfrist einräumen. Caleb muß lernen zu töten um zu überleben, doch er kann es nicht. Nachdem er seine letzte Chance vergeigt hat, weil er sein Opfer laufen lässt, kann er sich dennoch bewähren indem er die Gruppe unter Einsatz seines Lebens rettet als die Polizei bei Tage den Motelbungalow der Vempirdesperados belagert, es hätte der finale Sonnenbrand gedroht. Nun scheint Caleb integriert, und er fühlt sich auch dieser neuen fremde Welt langsam zugehörig. Dennoch überwiegt die Zuneigung zu seiner echten menschlichen Familie. Als er diese zufällig in einem Motel trifft, nutzt er die Möglichkeit zur Flucht.

Mittels einer Bluttransfusion wird er wieder in einen normalen Menschen verwandelt. Die Vampire wollen sich aber nicht so einfach geschlagen geben und entführen Calebs kleine Schwester. Den letzten großen Kampf schließlich verlieren die Blutsauger, weil in Oklahoma, ganz anders als in Kreuzberg, die Nächte offenbar kürzer als anderswo sind und ihnen die aufgehende Sonne einen Strich durch ihre Rache macht. Caleb rettet seine Schwester und Mae, die er liebt, und die, Ende gut, alles gut, ebenfalls dank Bluttransfusion wieder zur Normalsterblichen wird.

Um es gleich vorweg zu nehmen, ja, der Schluß ist blöd und viel zu simpel, außerdem hat die Story so ab und an auch mal kleinere Ungereimtheiten, diese zwei Tatsachen verhindern allein eine 5 Fledermauswertung, ansonsten ist der Film nicht nur der großartigste und außergewöhnlichste Genrebeitrag der 80'er Jahre sowieso, als auch überhaupt einer DER Filme seines Jahrzehnts (und auf des Rezensenten persönlicher Ewigen-Besten-Liste mindestens Top Ten.)

"Near Dark" unterscheidet sich ziemlich maßgeblich von allen anderen Vampirfilmen seiner Dekade, man schaue sich zum Vergleich nur den im gleichen Jahr entstandenen "The Lost Boys" von Joel Schumacher an, dann wird schnell klar, was ich meine. Kathryn Bigelow nahm viele der typischen Stilmittel des 90'er Jahre Kintopp vorweg, legte einerseits eine Art Grundstein für Filme wie "Interview mit einem Vampir" oder "The Addiction", weil hier bereits die philosophischen Auseinandersetzungen mit der Tragik des Vampirdaseins, die ja so typisch sind für die meisten aktuelleren Produktionen, vorweggenommen werden, andererseits inspirierte sie sicherlich in ihrer expliziten Gewaltdarstellung und den Roadmovie und Cowboy-Noir Motiven Rodriguez "From Dusk till Dawn" und Carpenters "Vampires" (der allerdings nicht in der Lage war, sie angemessen zu zitieren, aber das ist eine andere Geschichte.)

Und, was den Film ebenfalls so weit über den Durchschnitt hebt, niemals zuvor oder danach wurde das tägliche (respektive nächtliche) Leben der Vampire, ihr Alltag als solcher, dargestellt. Bigelows Blutsauger sind permanent auf der Flucht, müssen sich ständig neue Autos besorgen und jeden Morgen einen neuen dunklen Platz als Zuflucht vor der Sonne finden. Ein unstetes, ruheloses und so gar nicht romantisches Dasein, dennoch fühlen sie sich nicht schuldig für die Dinge, die sie tun. Ein bißchen Spaß in die untote Tristesse bringt mal ab und an ein kleines Massaker in einer Redneckbar irgendwo abseits des Highways (eine der grandiosesten Szenen des Films), auch Schießereien mit der Polizei werden genossen. Die Vampire suchen den Kick, stecken voller Todessehnsucht, haben aber dennoch auch, und das ist das dualistische Element ihres Daseins, wie normale Menschen Angst vor dem Ende. Wie sie dem dann am Schluss des Films doch noch entgegen gehen, das hat schon was sehr poetisches.

Nur das Happy End mit Caleb und Mae und die wirklich billige Rettung durch die Bluttransfusion schmälern den Genuss dann halt wieder ein wenig, aber das erwähnte ich ja bereits. Bis dahin führt uns Frau Bigelow durch 89 Minuten voller kraftvoller Bilder, die ihr in dieser Intensität leider höchstens noch einmal, und das auch nicht wirklich, mit "Strange Days" gelangen (und auch hier war der Schluß blöd!)

Bei den Darstellern möchte ich noch besonders die Leistungen von Lance Henriksen als meistens besonnener cooler Obervampir und Bill Paxton, der den Psychopathen beängstigend real spielt, hervorheben. Der Rest des Ensembles überzeugt ebenfalls, lediglich Jenny Wright als Vampirbraut Mae bleibt etwas blaß (hihi), man nimmt ihr ihre Emotionen nicht recht ab und ihr Spiel bleibt etwas hiflos.

Lange Zeit war "Near Dark" auf Video gar nicht mehr erhältlich, ist aber vor einiger Zeit wieder neu aufgelegt worden (ob das auch für das DVD-Format gilt, weiß ich allerdings nicht), so hoffe ich nun, all diejenigen, die vielleicht noch etwas jünger sind und den Film noch nicht kennen, wissen, was sie jetzt zu tun haben. Es lohnt sich!

       




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