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HR Giger's Vampirric (4) - Der Horla

Buch Guy de Maupassant
Produktion und Regie

Lars Peter Lueg

Kategorie Hörbuch
Länge 78 Minuten
Produktionsjahr 2004
Studio LPL Records
ISBN-Nummer 3-86552-003-0
Erzähler Torsten Michaelis
Vorwort HR Giger
Ansage Thorsten Michaelis & Helmut Krauss
Jingle David Nathan

Grandiose Vampir-Stories, ausgewählt und mit einem Vorwort von Oscar-Preisträger und Alien-Schöpfer HR Giger höchstpersönlich. Ein Genuss für Freunde surrealer Klangwelten. Gelesen von den besten Sprechern Deutschlands. Einzigartig: HR Giger spricht das Vorwort selbst!

In dieser Folge finden Sie die Vampir-Geschichte:

GUY DE MAUPASSANT: DER HORLA

Gelesen von Torsten Michaelis
SIe kennen Torsten Michaelis als den Synchron-Sprecher von Wesley Snipes. Durch sein Spektrum an verschiedenen Klangfarben wird er für die unterschiedlichsten Rolen eingesetzt. Er kann auf über 400 synchronisierte Filme zurückblicken.

Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ein Ich-Erzähler erfreut sich des Lebens an jenem wunderschönen 8. Mai, an dem alles begann. Er genießt das schöne Wetter und die Idylle seiner ländlichen Heimat unweit der Stadt Rouen an den Gestaden der Seine, auf der er die vielen hübschen Schiffe beobachtet. Eines davon stammt aus dem fernen Brasilien, und aus irgendeinem Grund, den der Erzähler noch nicht kennt, fällt es ihm im besonderen Maße auf.

Nur wenige Tage später fühlt sich unser Erzähler matt, deprimiert und niedergeschlagen. Zunächst glaubt er an ein harmloses Unwohlsein, eine Grippe vielleicht, doch es wird nicht besser. Körperlich scheint ihm nichts zu fehlen, nur das Gefühl latenter Gefahr und unsichtbarer Bedrohung will nicht weichen. Eines Nachts träumt er, er werde von einem dämonischen Wesen in den Nächten heimgesucht, welches sich auf seine Brust setzt und ihn würgt, ihm quasi die Lebensenergie abzapft. Allmählich wiederholt sich dies Nacht für Nacht. Schnappt der Wahnsinn nach unserem Erzähler?

Er beschließt, den heimatlichen Gefilden, in denen er bislang Zeit seines Lebens doch so glücklich war, vorläufig zu entfliehen und Zerstreuung und Erholung auf einer ausgedehnten Reise zu suchen. So reist er in die Normandie und besucht das Wunder des Abendlandes, den Mont St. Michel. Dort erzählt ihm ein alter Mönch seltsame Geistergeschichten, die ihm zu denken geben...

Als er Anfang Juli gut gelaunt und erholt nach hause zurückkehrt, beginnt die Beklemmung schon sehr rasch von vorn. Bald stellt er fest, das ein offensichtlich unsichtbares Wesen in seinem Hause umgeht, welches nachts Milch und Wasser trinkt und ansonsten scheinbar mehr uns mehr von ihm Besitz ergreift. Entsetzt flieht unser Held nach Paris, wo es ihm wieder gut geht.

Dort macht er aber auch Bekanntschaft mit dem Phänomen der Hypnose, welches unseren bedauernswerter Erzähler neue Erkenntnisse gewinnen lässt. Kein Zweifel, das Wesen muss ebenfalls eine Form von Hypnose auf ihn ausüben, ihn beinahe fernlenken. Wieder begibt er sich zurück in seine Heimat, der Alpdruck geht sogleich wieder los. Doch nun sieht er klar: das Monster, welches er im folgenden nur noch den Horla nennt, ist mächtiger als die Menschen. Ja, er ist sich beinahe sicher, dass es mit der Herrschaft der Menschen vorbei ist. Die Rasse der Horlas wird die Menschheit ablösen, was soll ein einzelner Mann dagegen tun?

Doch letztlich stellt er dem Horla doch noch eine Falle. Wird der darin umkommen oder ist er etwa unsterblich? Und was ist, wenn all die Menschen sterben müssen, und er, der Erzähler, ist vielleicht einfach nur ein Wahnsinniger? Aber er muss es wissen. Kann er den Horla vernichten?


Mann, Mann, Mann, ich muss schon sagen, die vom Schweizer Multitalent präsentierte Hörbuchreihe "Vampirric" ist in jedem Fall echt vom Feinsten! Nachdem uns David Nathan, der deutsche Synchronsprecher von Johnny Depp und Buffys Spike, so formidabel mit Karl Hans Strobls legendärem Grabmal auf dem Pere Lachaise das Gruseln lehrte, übernimmt nun der in vampirischen Dingen ebenfalls durchaus erfahrene Torsten Michaelis den Staffelstab und weiß uns mit einer der berühmtesten Geschichten der Vampirliteratur, nämlich mit dem "Horla", der ja von niemand geringerem verfasst wurde als dem großen französichen Spätromantiker und Phantasten Guy de Maupassant, nahezu genau so gekonnt zu begeistern wie Nathan mit dem "Grabmal". Der Grund, warum Michaelis sich bestens mit den Wesen der Nacht auskennt, ist ganz einfach: er leiht nämlich Blade Wesley Snipes seine markante tiefe Stimme.

Doch Obacht, liebe Blade-Fans, die Ihr vielleicht nun der Meinung seit, euch aufgrund dessen das Hörbuch zuzulegen, Ihr werdet vermutlich sehr enttäuscht sein, denn mit Blade und ähnlichem Kaliber hat Maupassants Geschichte rein gar nichts zu tun! Der Autor verfasste die Story 1887 und legte sie ganz und gar als psychologische Schauergeschichte an. Der Splatter- und Actionfaktor bleibt deshalb auch relativ übersichtlich, das heißt aber nicht, dass es hier nicht wahrhaft unheimlich zugehen würde, im Gegenteil. "Der Horla" ist eine ganz und gar beklemmende, unheimliche und verstörende Geschichte, welche Maupassant seinerzeit, wie auch Karl Hans Strobl mit dem "Grabmal", in der damaligen sehr populären Form der Tagebuchnovelle anlegte. Das man so etwas auch meisterlich vorlesen kann, bewies ja bereits David Nathan, und auch Torsten Michaelis macht seine Sache verdammt gut. Ist der Erzähler fröhlich und zufrieden, klingt auch Michaelis so, schnappen aber Wahnsinn und Angst nach der Figur, so bringt Michaelis gerade diesen Part sehr, sehr überzeugend. Er weiß sehr gut, wie man die Aufmerksamkeit des Hörers zu fesseln vermag, spielt mit der Klangfarbe seiner Stimme, klingt mal spröde, mal ängstlich, ist mal laut, mal leise, liest schnell oder auch sehr langsam, immer ganz so, wie es die jeweilige Situation erfordert. Natürlich ist Michaelis absoluter Profi, der aus einem Erfahrungsschatz von über 400 synchronisierten Filmen schöpfen kann. Dennoch darf man ihm aber ein Kompliment für seine Arbeit aussprechen und darauf hinweisen, wie großartig er seinen Job gemacht hat.

Die Story an sich ist sicherlich keine klassische Vampirgschichte. Nicht ein einziges mal fällt das Wort Vampir, und das Ungeheuer saugt auch nicht am Hals des Helden. Dennoch ist der "Horla" eine vampirische Lebensform, die sich auf parasitäre Art an der Lebensenergie des Opfers nährt, für die ja stets das Blut als Metapher stand und steht. Was die Geschichte allerdings über das Gros der Vampirstories jener Jahre (und gerade jener Jahre!) hervorhebt, ist der unbestritten innovative Charakter der Summe der einzelnen Teile. Maupassant lässt seine Hauptfigur annehmen, der Horla und die seinen kämen von den Sternen, was natürlich ganz klar Elemente der Science Fiction, einer Literaturgattung, welche es in jenen Jahren noch gar nicht gab, deutlich vorweg nahm. HG Wells beispielsweise, einer der Autoren, die die Gattung Science Fiction sicherlich mitbegründete, verfasste seinen berühmten "Krieg der Welten", quasi die Mutter aller "Aliens bedrohen die Erde" Stories bis hin zu solchen Blockbustermegafilmen wie "ID4" (dem weniger informierten Filmfan auch als "Independence Day" des schwäbischen Hollywood-Cleverles und Berlinale-Jury Obermotz Roland Emmerich bekannt) erst im Jahre 1898. Ferner lässt der Autor den Protagonisten glauben, die Horlas werden die Herrschaft über die Erde übernahmen, die Menschen haben ausgekichert! Und ist das nicht fürwahr so ziemlich die grausigste Vorstellung, die man überhaupt haben kann? Und dringt das nicht bereits in Sphären vor, die nur wenige Jahre später ein Meister des wahrhaft phantastischen und verstörenden Horrors auslotete, der auf den berühmten Namen HP Lovecraft hörte?

De Maupassant war ein begnadeter Schriftsteller, gar ein Visonär, der allerdings seine gesamte dichterische Laufbahn über, ähnlich wie es bei seinem erdachten Helden im "Horla" der Fall ist, geprägt von der Angst war, wahnsinnig zu werden, denn er war infiziert mit der Geissel des 19. Jahrhunderts, der Syphillis. So verstarb er dann auch 1893, nur 43 jährig, in geistiger Umnachtung. So manch ein Schlaumeier will im "Horla" bereits erste Anzeichen einer beginnenden Geisteskrankheit ausgemacht haben, dies bezweifelt der Rezensent allerdings. Maupassant packte einfach eine ganze Menge seiner pessimistischen Lebenseinstellung, von der aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollzogen werden kann, ob er diese grundsätzlich hegte, oder ob die selbe eben eine Folge seiner Erkrankung war, in die Geschichte, durchdachte diese aber so weit so ordentlich, dass man auf jeden Fall von wirrem Geschreibsel nicht ausgehen darf. Maupassant schrieb die Geschichte in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, dafür gebührt ihm uneingeschränktes Lob!

Dennoch sagt mir persönlich die atmosphärische Dichte des "Grabmals" ein klein wenig mehr zu als Maupassants gruselige Visionen, weswegen ich in diesem Fall knapp an der Höchstwertung vorbei schramme. Man darf sich diese 4 in etwa so vorstellen, wie sie einerzeit für Marion Bavas Black Sunday gewertet wurde. Die beste 4, die denkbar ist, nur ganz knapp an der Höchstwertung vorbei.

"Vampirric # 4" ist ein weiterer Beweis dafür, wie sorgfältig LPL.Records mit dem selbst geschaffenen Anspruch "Gänsehaut für die Ohren" umgehen. Auf die weiteren beiden (kommt da noch mehr, LPL?) CDs "Die verloren gegangene Kunst des Zwieleichts" und "Der Vampyr" bin ich jedenfalls schwer gespannt.



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