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Gilles de Rais

Was Vlad Tepes und Elisabeth Báthory für den osteuropäischen Raum waren, ist dieser blutrünstige bretonische Edelmann für Frankreich: nämlich der klassische Unhold, der Blaubart, jene alte französische Märchenfigur, die in de Rais Gestalt annahm, der historische Prototyp für einen Vampir vom Schlage eines Dracula.

De Rais lebte im fünfzehnten Jahrhundert, genauer von 1404 bis 1440, und war somit sogar Zeitgenosse von Vlad Tepes, starb allerdings noch vor dessen Schandtaten, denn Tepes war 1440 ja erst neun Jahre alt. Gilles wurde als Sohn des Barons von Rais geboren, seine Familie war das einflussreichste und vermögendste Geschlecht der damaligen Bretagne.

Bereits im Alter von nur 21 Jahren war er eine hoch angesehene Größe im Hofstaat des französischen Königs Karl VII., schließlich befand man sich mitten im hundertjährigen Krieg gegen England, das große Teile Frankreichs besetzt hielt. Der junge Baron stellte auf eigene Kosten ein Heer auf, welches unter seiner Anführung die Städte Anjou und Maine gegen die britischen Invasoren erfolgreich verteidigten. Er kämpfte dabei Seite an Seite mit der berühmten Jeanne d'Arc, der Jungfrau von Orleans, und tat sich fortan als strahlender Held nahezu aller folgenden Schlachten hervor. Ruhm und großes Ansehen wurden ihm zuteil, der König verlieh ihm den Titel "Marshall von Frankreich".

Ab ca. 1430 sollte sich das Blatt wenden. Seine Kampfgefährtin Jeanne d'Arc fiel in die Gefangenschaft. Zwar versuchte sich de Rais bei König Karl für sie zu verwenden, doch der undankbare Monarch hatte bereits andere Pläne geschmiedet und wies de Rais ab. 1431 kommt es zur spektakulären Verbrennung der Jeanne d'Arc.

Portrait des Gilles de Rais

Gilles de Rais verließ der Glaube an Gott und den König, frustriert zog er sich auf seine Ländereien in die Bretagne zurück. Ab 1432 kommt es zu ersten Berichten vom Verschwinden einiger Kinder in de Rais Umfeld.

Man kann den Baron von Rais mit Sicherheit als gebildeten und belesenen Mann seiner Zeit bezeichnen, er interessierte sich für Literatur, Geografie und Theater. Besonders das Werk des römischen Gelehrten Suetonius, in dem ausführlich und bildreich die Ausschweifungen römischer Cäsaren geschildert wurde, hatten es dem Edelmann angetan. In der Schlacht soll sich de Rais oftmals im Blutrausch in eine regelrechte Raserei gesteigert haben, der Krieg half ihm, diese Seite seiner Persönlichkeit auszuleben. Doch dieser "Kick" fehlte ihm als Privatier. Hinzu kam ein gut' Teil Größenwahn. Der Baron pflegte einen extrem ausschweifenden Lebensstil, binnen weniger Jahre hatte de Rais eines der größten Vermögen seiner Zeit durchgebracht, als der Verkauf seiner Besitztümer sich beinahe erschöpft hatte, blies er einfach in bester Raubrittertradition zu mancher Plünderung. Wenn er reiste, tat er dies mit riesigem Gefolge. Reiter, Chorsänger, Trompeter und Trommler folgten seinem Tross und kündigten die Ankunft des Barons an. Manches mal war er mit über 200 Bediensteten unterwegs.

Um 1435 war das Vermögen der Rais beinahe aufgebraucht. Da seine Erben eine Eingabe bei Papst und König einreichten, wurde de Rais der weitere Verkauf seiner Besitztümer per Dekret verboten. De Rais freilich in seinem Wahn interessierte dies wenig. Als Notpfändungen zur Tagesordnung wurden, verlegte er sich wieder ganz auf Raubzüge als Einkunftsquelle. Großen Widerstand seitens des Klerus musste de Rais ohnehin nicht befürchten, ließ er doch mit großem Pomp seit 1433 eine Stiftskirche errichten. Dies tat er natürlich nicht, ohne sich einen Vorteil davon zu versprechen, denn de Rais hatte sich ja bereits zuvor schon vom Christentum abgewendet.

Stattdessen lag ihm nun daran, den Satan zu beschwören. Er beherbergte allerlei Hexenmeister und Alchemisten in seinen Schlössern, die ihm Blei zu Gold machen und den Leibhaftigen herbei zaubern sollten - ohne besonderen Erfolg, wie man sich vielleicht denken kann.De Rais Zügellosigkeit steigerte sich ins Zügellose, er wird zum manischen nekrophilen Sadisten. Wo immer der "Welsche Dracula" auftauchte, verschwanden die Kinder. Hauptsächlich auf Knaben hatte er es abgesehen, doch letztlich war er da gar nicht so wählerisch.

Portrait des Gilles de Rais

Die Kinder, die er von seinen treuesten Männern entführen ließ, erwartete ein furchtbares Schicksal. De Rais schändete sie, verstümmelte sie, folterte sie, tötete sie und verging sich abermals an den Leichen.

Er trank ihr Blut und ergötzte sich daran, in den Eingeweiden der toten Kinder zu wühlen. All dies tat er zum eigenen Lustgewinn und teilweise auch, um satanische Rituale abzuhalten und allerlei Höllendämonen zu beschwören. Teilweise befanden sich unzählige Leichen und Leichenteile in seinen Schlössern. Mit dem Entsorgen der Körper gab sich de Rais wenig Mühe, denn was hatte er, der Marshall von Frankreich, schon zu befürchten?

Denkste'! Zwar konnten die Eltern der geraubten Kinder als "einfache" Leute nicht viel gegen ihren Feudalherren ausrichten, doch de Rais wägte sich in so trügerischer Sicherheit, dass er schließlich begann Fehler zu machen. So wurde ihm schließlich der Raubüberfall auf eine Kirche zum Verhängnis. Nun paktierte der Bischof von Nantes mit dem Herzog. De Rais wurde auf einer seiner Burgen belagert, schließlich musste er aufgeben. Den königlichen Beamten, die seine Schlösser durchsuchten, bot sich ein Bild des Grauens. Sie fanden unzählige Leichen, Leichenteile, Skelette und allerlei dämonischen Schnickschnack, die Beweislast war erdrückend. Nun beschäftigte sich die Inquisition mit der Bestie. Zwar ist nicht wirklich überliefert, ob de Rais Folterungen ausgesetzt war, doch er gestand seine Schandtaten recht zügig.

Gilles de Rais wurde sowohl von einem königlichen wie einem kirchlichen Gericht zum Tode verurteilt wegen 140 fachem Mordes (man nimmt allerdings an, das die wahre Zahl der von ihm getöteten Kinder bei weit über 400 lag), widernatürlicher Unzucht, Ketzerei und Dämonenbeschwörung.

Am 26. Oktober 1440 wird das Urteil vollstreckt. De Rais wird gehenkt, seine Leiche anschließend auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Vor seinem Tod soll er so herzzerreißend geweint und geschluchzt haben, dass selbst die Eltern der ermordeten Kinder Mitleid mit dem blutrünstigen Blaubart bekamen.

Die unbegreiflichen Verbrechen des Gilles de Rais scheinen wie ein Fluch auf seiner Familie gelegen zu haben. Der letzte de Rais starb 1502, und mit ihm das gesamte Geschlecht. Das Haus de Rais hatte aufgehört zu existieren.

Das Familienwappen der de Rais

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