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Die drei Gesichter der Furcht   (OT: I Tre volti della Paura)
AKA:
Der Ring der Verdammten, Black Christmas, Black Sabbath, The Three Faces of Fear, The Three Faces of Terror,
Les Trois visages de la peur

Italien/Frankreich, 1963, Farbe, 90 min
 
Regie: Mario Bava
Produktion: Emmerpi-Galatea-Lyre
Buch: Macello Fondato, Alberto Bevilacqua, Mario Bava
Kamera Ubaldo Terzano
Musik Roberto Nocolosi
 
Boris Karloff Der Greis
Mark Damon Vladimir D'Urfe
Suzy Andersen Sdenka
Lydia Alfonsi Mary
Michelle Mercier

Rosy

Jacqueline Pierreux Helen

Der Wassertropfen
Die Geschichte der Krankenschwester Helen, die von Phantomen Verstorbener heimgesucht wird. In ihrem Zimmer eingeschlossen, erlebt sie eine Nacht des Grauens.

Wurdulak
Die Legende um einen Vampir, der sich vom Blut seiner Opfer ernährt. Das junge Mädchen Sdenka erfährt diese Legende am eigenen Leib, als das fürchterliche Entsetzen sie und ihre Familie heimsucht

Das Telefon
Ein Callgirl wird druch geheinisvolle Anrufe belästigt. Der unbekannte Anrufer teilt ihr ihren baldigen Tod mit. Die Nacht bricht an und der Tod hält Einzug in das Leben der jungen Frau.

In diesem Fall müssen wir eher von Stories sprechen, handelt es sich bei diesem Werk, dem Vernehmen nach Mario Bavas Lieblingsfilm seines Wirkens als Regiesseur, doch um einen Episodenfilm, und zwar dem wohl originellsten und vielseitigsten im Bereich des phantastischen Filmes seit Richard Oswalds "Unheimliche Geschichten" von 1919.

In der Eröffnungssequenz sehen wir den großen Boris Karloff, zwar merklich gealtert aber was Wunder, schließlich war er seinerzeit bei den Dreharbeiten bereits 76 Jahre alt, doch ganz großer Star, der er ist, beeindruckt er mit charismatischer Präsenz als eine Art Conferencier agierend vor nahezu endzeitlich wirkender Kulisse. Er wendet sich direkt an den Kinobesucher, warnt vor Geistern und Vampiren und philosophiert über die Angst, huah, und schon geht es los mit der ersten Episode, die da heißt: "Das Telefon". Die literarische Vorlage hierzu lieferte Howard Snyder nach Motiven von Guy de Maupassant.
Das Callgirl Rosy wird nächtens in ihrer Wohnung von zahlreichen unheimlichen Telefonanrufen terrorisiert. Eine unbekannte Stimme prophezeit ihr, sie werde noch in dieser Nacht sterben, der Anrufer werde kommen und sie töten. Es ist, als sei der Anonymus im gleichen Raum, bemerkt er doch jede Bewegung, die Rosy tut. Schließlich vermutet Rosy hinter den Anrufen ihren ehemaligen Lover Frank, der seinen ihr zu verdankenden Zuchthausaufenthalt durch Flucht verkürzte und sich wohl nun an ihr rächen wolle. Hilfesuchend wendet sie sich über das Telefon an ihre ehemalige Geliebte Maria (sowohl in der deutschen wie in der amerikanischen Fassung ist Maria nur eine Freundin, lesbische Beziehungen passten halt hüben wie drüben nicht in die spießige Heimeligkeit der frühen Sechziger), nicht ahnend, das eben diese Verschmähte in Wirklichkeit für die Anrufe verantwortlich ist. Maria kommt in Rosys Apartment und in der Folge glauben wir an verschiedenen Indizien ausmachen zu können, dass Rosy demnächst sterben wird, vergiftet zum Beispiel oder gemeuchelt im Schlaf. Doch es wird ganz anders kommen, und dennoch wird die Nacht tödlich enden. Für wen und warum wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, nur so viel, dass es erstens meistens anders kommt als man... und so weiter.

In der zweiten Episode, betitelt "Wurdelak" ( nach der berühmten Geschichte von Toslstoi) begegnet uns dann wieder Boris Karloff, der den Familienpatriarchen Gorca gibt. Eben dieser Gorca zieht los, um den gefürchteten Räuber und Mörder Alibek zur Strecke zu bringen, welcher in jenem osteuropäischen Landstrich Angst und Schrecken verbreitet und in dem Ruf steht, ein Wurdelak, ein untoter Vampir zu sein. Doch Gorca warnt seine Familie, wenn er nicht binnen fünf Tagen wieder zurück ist, soll man ihn nicht mehr ins Haus lassen und ihm stattdessen einen Dolch durch das Herz treiben, denn dann hat er sich wohl selber in einen Vampir verwandelt.
Als der junge adelige Reisende Vladimier schließlich am Ufer eines Flusses eine kopflose Leiche entdeckt in deren Brust ein Dolch steckt, scheint klar zu sein, Alibek ist hinüber. Doch wo bleibt der alte Gorca?
Vladimier erreicht das Gut der Gorcas und bittet um ein Quartier für die Nacht. Auf Anhieb verliebt er sich in die hübsche junge Sdenka, da taucht plötzlich auch Gorca selber wieder auf, doch sein Verhalten ist merkwürdig. Eine schwere Verletzung will er nicht behandeln lassen, schlafen oder essen will er ebenfalls nicht, dafür hegt er plötzlich reges Interesse an seinem Enkel Ivan. Tief in der Nacht entführt er das Kind und tötet es, kein Zweifel mehr, er ist ein Wurdelak. Es liegt der Fluch auf diesen Kreaturen, dass sie immer zuerst die töten müssen, die sie eigentlich lieben, um sie somit zu ihresgleichen machen.
Vladimier und Sdenka gelingt die Flucht, doch der Wurdelak und seine inzwischen komplett vampirisierte Sippe sind dem jungen Glück auf den Fersen.
Zwar ist der Schluß dieser ungemein spannenden Episode etwas weniger überraschend als der im "Telefon, verraten wird er aber dennoch nicht.

Schließlich folgt Episode drei, die bei weitem unheimlichste des Reigens, die da heißt "Der Wassertropfen" und auf Motiven Anton Tschechows beruht.
Die Krankenschwester und Leichenwäscherin Helen wird spätabends zum Haus der toten Spiritistin Madame Perkins gerufen. Diese starb bei einer Seance, wie Helen von der völlig verängstigten Dienstmagd mitgeteilt bekommt. Überall in den finsteren Räumen des Hauses wimmelt es von okkulten Gegenständen, fauchenden Katzen und aufgeschlitzten Puppen. Die Tote selber liegt in ihrem Bett, ihr Gesicht ist eine verzerrte Fratze, die Helen hasserfüllt anzustarren scheint, ihre toten Augen wollen sich nicht schließen lassen. Dennoch entwendet Helen der Toten einen kostbaren Ring, worauf sie direkt ein sehr ungutes Gefühl heimsucht.
Wieder zu hause angekommen steigern sich diese Gefühle noch. Geräusche von ständig tropfendem Wasser quälen sie. Da wird plötzlich ein Ächzen und Knarren im Nebenzimmer laut. Doch nichts ist zu sehen. Als Helen wieder zurückkommt, entdeckt sie eine der aufgeschlitzten Puppen auf ihrem Tisch liegen, und dann erblickt sie plötzlich den Geist der Verstorbenen, das Gesicht hassverzerrt, ihre kalten Finger ausgestreckt nach Helens Hals.
Am nächsten Morgen wird Helens Leiche gefunden. Auffällig ist ein verfärbter Finger, der wirkt, als hätte man mit Gewalt einen Ring vom Finger der Toten gezogen. Doch das dicke Ende kommt erst noch...

Nun folgt die Schlusssequenz. Boris Karloff jagt auf einem Pferd in seinem "Wurdelak" Kostüm durch eine sturmgepeitschte Nacht, er richtet seine Worte wieder an den Kinobesucher und rät ihm, vorsichtig zu sein bei seinem Heimweg, schließlich kann man nie so genau wissen, was da so alles das Dunkel der Nacht unsicher macht.
Die Kamera fährt zurück und wir erkennen, Boris sitzt im Studio auf einer Art "Schaukelpferd", das Filmteam läuft mit Topfpflanzen an ihm vorbei um die Illusion des nächtlichen Rittes zu erzeugen, dazu ertönt eine rumpelige albern ausgelassene Klaviermelodie. Alles nur eine Illusion, nur ein Witz, puuh, Glück gehabt....

"Die drei Gesichter der Furcht" ist ein weiterer Meilenstein im Gesamtwerk des italienischen Meisterregiesseurs Mario Bava. Kaum ein anderer Regiesseur verstand es so meisterhaft, unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, kaum ein anderer verstand sich auf das Ausleuchten von Sets und das farbliche Nachbearbeiten von Filmen wie er, was seine Filme immer so besonderes machte.

Das vorligende Werk spiegelt in eindrucksvoller Weise die gesamte Palette von Bavas Talent wieder. Glaubte man bis dahin, er sei auf gotische Stoffe festgelegt, wurde man direkt zu Beginn mit dem "Telefon" eines besseren belehrt. Bava präsentiert uns eine Art klaustrophobisches Kammerspiel, modernen Psychohorror, der in der Art der Herangehensweise durchaus der eines anderen Meisters dieses Faches ähnelt, nämlich Alfred Hitchcock, und bleibt doch am Ende wieder ganz und gar Bava. Ungewöhnlich für seine Verhältnisse ist es, wie Bava im "Telefon" die Musik mit einbezieht und somit eine Atmosphäre zu erschaffen scheint, die ihm niemand zugetraut hätte. Er ließ den Filmkomponisten Roberto Nicolosi einen Cool Jazz Soundtrack komponieren, der an die Musik von Miles Davis und John Coltrane erinnert, was Assoziationen an das Kino der damaligen sogenannten jungen Wilden des europäischen Films hervorruft. Bava also auch als Meister des Suspense. Seine gewohnt liebevoll gestalteten Düsterkullissen wurden hierbei zwar durch ein modernes Apartment ersetzt, was aber der Stimmung letztlich keinen Abbruch tut. Man sollte übrigens die sexy Performance von Michelle Mercier nicht unerwähnt lassen, aber das gehörte ja bei Bava auch irgendwie dazu.

Und dann in Episode zwei begegnen uns ja schon wieder die schönen alten Ruinen, der Trockeneisnebel und der Wind, der immer so herrlich über das (Studio)Set pfeifft - gute alte Bekannte! "Wurdelak" ist sicher die Bavaeskeske (um es mal so auszudrücken) Episode des ganzen Films. Ein weiteres mal widmete sich Bava hier wieder seinem (und unserem) Lieblingsthema, den Vampiren. Im Wurdelaken finden wir all die schaurig-schönen Zutaten, die auch seine Klassiker "Operazione Paura" und "Black Sunday" so klasse machten, deswegen wird auch gerade diese Episode von den Bavafans so geschätzt.
Es dauert nicht lange und Bava hat hier eine Szenerie erschaffen, welche keinen Zweifel an der Ausweglosigkeit der Lage seiner Protagonisten lässt, unweigerlich sehen sie ihrem sicherenen Verderben entgegen. Und Karloff spielt die wohl beste Rolle seiner späten Jahre. Die Szene, in der er plötzlich mit leeren und doch sehr bedrohlich wirkenden Augen Vladimier durch das Fenster seines Zimmers anstarrt, kann schon eine ganz schöne Gänsehaut verursachen und gehört, wie so manch ein Moment aus den Bavafilmen, zu den Szenen, die man nie mehr wirklich vergisst, wie z. B. auch das Gesicht der toten Hexe Asa, nachdem ihr die Dämonenmaske entfernt wird in der "Stunde, wenn Dracula kommt", oder die Geistererscheinung des kleinen Mädchens in "Operazione Paura". Schaut man sich derlei des Nachts allein zu hause an, kann's einen durchaus schaudern.

Einen ähnlich Schrecken jagt uns Bava direkt wieder in der dritten und letzten Episode seines feinen Horrorreigens ein, der Geschichte der diebischen Leichenwäscherin. Auch hier arbeitet Bava wieder mit vielen bekannten Ingredienzen seiner legendären Gruselküche wie Geisterspuk und krassem Make up, dennoch geht er subtiler vor als üblich.
Das zermürbende Geräusch des tropfenden Wasserhahns, das permanente Auf- und Abblinken der Leuchtreklame vor dem Fenster, die sich verlangsamende Musik aus dem Grammophon, dessen Motor neu aufgezogen werden muß, die einen grotesk bedrohlichen Charakter annimmt, dazu ein paar huschende Vorhänge und ausgeblasene Kerzen, all das erzeugt eine fast körperlich spürbare Präsenz des Übernatürlichen, auch und gerade weil bis zum Schluß eigentlich gar nicht wirklich etwas passiert. Plagt die Diebin des Ringes vielleicht doch nur ein schlechtes Gewissen? Wer weiß?

Ja meine Damen und Herren, so macht man klasse Horrorfilme. Mario Bava war einer der ganz großen dieses Genres. Der Rezensent bedauert zutiefst, in Unkenntnis der großen Werke des Meisters ihm dereinst in der Kritik zu dem (ich stehe zu der Aussage, dennoch reichlich doofen) Film "Vampire gegen Herakles" (Vielleicht abhaken unter ‚Ich war jung und brauchte das Geld???') "Gruselquickies" unterstellt zu haben, denn das war etwas vorschnell. Auch wenn manchmal Handlungen und Dialoge in Bavas Filmen nicht immer oscarreif waren, die Atmosphären, die Stimmungen, die Bilder, all das bekam er mitunter erhfurchtgebietend hin!

Zum Schluß bleibt nur noch die Frage, warum der Film in verschiedenen Ländern in unterschiedlich geschnittenen Versionen gezeigt wurde. Die ursprüngliche deutsche Fassung, auch bekannt unter dem Titel "Der Ring der Verdammten", zeigte seinerzeit als erste Episode "Wurdelak", gefolgt vom "Wassertropfen", und "Telefon" schließlich war Episode drei. Eine einleuchtende Erklärung hierzu gibt es nicht. In der amerikanischen Fassung wurde der "Wurdelak" an den Schluß gestellt, was vielleicht noch ewas nachvollziehbarer erscheint wenn man bedenkt, das uns ja Boris Karloff im Epilog auch wieder als "Wurdelak" heimsucht.


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