Vampirismus
oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit
Untertitel |
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Autor |
Norbert
Borrmann |
Kategorie |
Sachbuch |
Seitenzahl |
365 |
Format |
Hardcover |
deutsche
Übersetzung |
|
Erstveröffentlichung |
1998 |
Verlag |
Eugen
Diederichs Verlag, München |
ISBN-Nummer |
3.424-01351-x |
Legenden
von Blutsaugern, Untoten und dem Grafen Dracula ziehen die Menschen
seit Jahrhunderten in ihren Bann. Was steckt hinter dieser Faszination?
Norbert Borrmann hinterfragt sämtliche Vampirmythen, indem
er die dunklen Gestalten in all ihren Facetten in Kunst und Literatur
neu betrachtet. Er deckt die Verflechtung cvon Legende und Realität
auf, durchdringt das Dickicht der effektheischenden Darstellung
der Vampirfigur und zeigt, daß beide, Mensch udn Vampir, den
selben Gesetzen unterworfen sind: Nehmen und Geben, Entziehen und
Spenden, Gebähren und Töten.
Dieses
Buch darf man beinahe als legendär bezeichnen. Vielfach ist
es gelobt worden, die Kollegen vom geschätzten "Vampyr
Journal" erklärten es gar zum Buch des Jahres 1998. Und
warum?In seinem Vorwort beklagt der Autor Norbert Borrmann, als
Historiker wie Kunsthistoriker durchaus als "ernsthafter Wissenschaftler"
zu betrachten, der deutsche Büchermarkt habe im Gegensatz zu
dem der englischsprachigen Welt wenig ernsthaftes zum Thema Vampirismus
zu bieten, und da hat der gute Mann gar nicht mal unrecht. Borrmann
möchte mit seinem Buch einen Anfang diesbezüglich bieten,
und das ist ihm ganz sicher gelungen.
Zunächst
einmal stellen wir fest, das sein Schmöker mit rund 370 Seiten
auf jeden Fall sehr umfangreich geworden ist. Borrmann hat seine
Studien in acht Grundkapitel aufgeteilt:
1.
Der Vampirismus oder die Gier nach Leben
2. Der Vampir als literarische Fiktion
3. Der Vampir als pathologische Gestalt
4. Der >>Blutsauger<< als historische Realität
5. "Blut ist ein ganz besonderer Saft"
6. Sex, Crime and Drugs
7. Der Vampir als Medienstar
8. Der Vampirismus oder die Sehnsucht nach dem Tode
Das
Inhaltsverzeichnis verspricht also durchaus einen Rundumschlag zum
Thema und, keine Frage, dieses Versprechen wird gehalten. Somit
bietet Meister Borrmann nicht nur einen hochinteressanten Einblick
für Neueinsteiger in die Materie, auch "Vampirexperten"
werden noch einiges wissenswertes entdecken oder aber zumindest
so manch einen neuen Gedankengang bzw. die eine oder andere subjektive
Theorie Borrmanns vorfinden und diese zum Anlass nehmen können,
sich abermals auf vielleicht eher bislang noch nicht selbst durchdachtem
Wege mit diesem hochinteressanten Thema auseinandersetzen zu können.
Und genau hier liegt die eigentliche Stärke dieser Niederschrift.
Wir
haben es hier mit einem Essay zu tun, d. h. der Autor möchte
dem Leser zwar seine Thesen vorstellen und nahebringen, genau so
ist aber auch seine Absicht eben diese zur Diskussion zu stellen,
und das ist ein wahrlich wissenschaftlicher Ansatz und lag dem heimischen
Buchmarkt in der Form definitiv noch nicht vor. Da aber der Autor
somit Neuland betrat, befürchtete er wohl im Vorfeld, all zu
voreilig in das große Bassin der Trivialliteratur geworfen
zu werden. Wohl deshalb müht er sich, seinen geisteswissenschaftlichen
Ansatz damit untermauern zu müssen, sich gleich in seinem Vorkapitel
"Das Vampirprinzip" auf allerlei Philosophen wie Nietzsche
und Marx zu berufen, der gute alte Siegmund Freud muß (natürlich)
unmittelbar wieder bemüht werden und allerlei Volkskundliches
wird ebenfalls kundgetan. Schwerer Tobak also gleich zum Einstieg.
Das vermag auch durchaus den einen oder anderen abzuschrecken und
es gab auch Kapitel, wo der Rezensent einfach weiterblättern
musste weil es ihm zu bunt wurde. Klar, Borrmann wollte ein "kluges"
Buch schreiben, dennoch ging er mir größtenteils leider
etwas zu humorlos an die Sache, nahm sich oft zu wichtig und legte
mitunter eine gewisse sauertöpferische Unantastbarkeit an den
Tag. Das verlitt gelegentlich das Lesevergnügen. Auch kann
ich einigen seiner Theorien nicht zustimmen (aber wie erwähnt,
das macht nichts und ist wohl so beabsichtigt), den politischen
Aspekt der Blutsaugerei zu bemühen, angefangen bei Marx und
Voltaire (die ja gleich mehrfach zu Worte kommen), ist nicht mehr
unbedingt originell und wurde von mir gar nicht so ausführlich
erwartet, andererseits gibt es aber auch hier interessante Ansätze
zu den wahrlich bösen "Vampiren", einem Hitler und
sein Blutsaugerregime beispielsweise, welche die gleiche Epoche
ausspuckte wie den pathologischen "Vampir" Haarmann, gespickt
mit Querverweisen noch und nöcher angefangen bei Döblins
"Berlin Alexanderplatz" über Dr. Mabuse bis zu allerlei
reichlichem Nazischwachsinn.
Auch
gehen mir die seitenlangen "wir saugen unserem Planeten das
Blut aus" Abhandlungen etwas auf die Nerven, denn genau das
will ich in einem Buch über Vampirismus eigentlich gar nicht
lesen, da erwarte ich einfach etwas mehr Blut, einen höheren
"Grusel Faktor", wenn man so will, sprich etwas mehr Spaß
an der Sache, auch wenn beabsichtigt ist die Trivialität außen
vor zu lassen. Man vergleiche hier z. B. Gottfried Kirchners "Terra
X - Schatzsucher, Ritter und Vampire", dem ebenfalls ein wissenschaftlicher
Ansatz zugrunde liegt, das aber weniger verkopft und theoretisch
daherkommt, ganz im Stil der oft ungemein spannenden aber immer
lehrreichen ZDF Dokumentationsreihe, dafür aber, und das muß
man natürlich hinzufügen, bei weitem weniger umfassend
gehalten ist.
Borrmann
hat sich mitunter einfach etwas verzettelt und unterlag den Versuchungen
des Abschweifens. Dennoch ist dieses Buch unbedingt empfehlenswert
und sei jedem, der sich für dieses Thema interessiert, ans
Herz gelegt. Borrmann hat es trotz einiger Kritikpunkte geschafft,
die im deutschsprachigen Raum ausführlichst recherchierte und
umfassendste wissenschaftliche Abhandlung rund um den Vampirismus
zu verfassen. Dafür gebührt ihm Lob.
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