Derzeit online

386
Filme
125
Bücher
34
Biographien
50
Hörspiele
Reviews in English

 

 

 

 

 

 

 

Klassiker des Horrorfilms

Untertitel  
Autor William K. Everson
Kategorie Sachbuch
Seitenzahl 260
Format Paperback
deutsche Übersetzung  
Erstveröffentlichung 1980
Verlag Goldmann Verlag München
ISBN-Nummer 3-442-10205-7

Ach, meine Freunde, es gibt Dinge, denen man besser nicht auf den Grund gehen sollte!" mein Professor Van Helsing, der schon so manchen Pfahl in Draculas Herz gerammt hat. Von eben diesen Dingen handeln die FIlme, denen William K. Everson, einer der gründlichsten und witzigsten amerikanischen Filmhistroiker; in diesem Band unerschrocken auf den Grund geht: von schauerlichen Grüften, finsteren alten Häusern und den Laboratorien des Unheils; von Vampiren, Werwölfen, Katzenfrauen, Zombies und Riesenaffen; von Dr. Frankenstein, Dr. Jekyll, Dr. Cyclops und anderen verrückten Wissenschaftlern. Die Spanne der hier vorgestellten, analysierten und bewerteten Klassiker des Horrorfilms reicht von Fritz Langs "Dr. Mabuse" aus dem Jahr 1922 bis zu George Romeros "Zombie" von 1978, dessen Sensationserfolg gezeigt hat, daß die wohlige Lust am Kino-Horror heute verbreiteter ist als je zuvor. DIe Auswahl der Filme, die die Bezeichnung "Klassiker" verdienen, ist so umfangreich, daß auch der versiertetste Horrorfilm-Kenner in diesem Band noch Entdeckungen machen kann. Mit seinen über 300 Fotos ist der Band außerdem das prachtvollste Bilder--lbum des internationalen Horrorfilms,. Herausgeber Joe Hermbus: "EVersons Buch gibtr einen fast so viel wie hundert schauig-schöne Kinostunden".

Ja ja, da hat der gute alte Abraham van Helsing schon recht, wenn er mal wieder schwadroniert, dass es Dinge gäbe, denen man besser nicht auf den Grund gehen sollte, schließlich muss gerade er es ja wissen. Dennoch darf man sich wohl mit Fug und Recht als Freund und Bewunderer des Filmfeldes, welches hier auf diesen unseren Seiten in der Hauptsache beackert wird, dafür interessieren, warum ausgerechnet dieses Standardwerk (das seinerseits inzwischen wohl selber lange als Klassiker bezeichnet werden darf) über den klassischen Horrorfilm nicht mehr im Handel erhältlich ist. Oh, und by the Way, die zwei Jahre nach diesem Band erschienene Fortsetzung "More Classics of the Horror Film" ist übrigens gar nicht in deutscher Sprache aufgelegt worden, buh dafür!! Aber darum soll es in diesem Falle ja nicht gehen.

Jedenfalls ist dieses wirklich großartige Buch inzwischen lange vergriffen und nur noch mit Glück über irgendwelche Antiquariate zu bekommen. Falls diesen Bericht hier also irgendein Verlagslektor oder Redakteur liest, der gerade auf der Suche nach einer guten Idee für ein schönes Filmbuch ist...ne? Blink, Zwinker... Überarbeitete Neuauflage wäre doch was...

Jetzt habe ich aber noch gar nicht geschildert, warum denn diese Buch so ein gutes ist. Da fangen wir am besten mal bei dem Autoren an:

William K. Everson, geboren 1929 in England und seit 1950 in den USA ansässig, darf man mit Recht als fundierten und verdienten Filmhistoriker bezeichnen. Vielerlei Publikationen hat er verfasst, in denen er sich mit so verschiedenen Filmgattungen beschäftigt wie Western, Stummfilmen, den Streifen von Laurel und Hardy, dem amerikanischen Film als solchem, den Filmbösewichten, den Filmen des W.C. Fields und so weiter und so weiter. Ferner war der Mann überall da tätig, wo es rund um das Medium Film etwas zu sagen gibt (es entzieht sich leider meiner Kenntnis, ob er noch unter den Lebenden weilt, was ihm freilich sehr zu wünschen ist, dennoch schreibe ich "'war", denn aufgrund seines Alters nehme ich mal an, wird er inzwischen seinen Ruhestand genießen), so war er Dozent an der New Yorker Universität und Gastdozent an der New School of Visual Arts, er war der Direktor des Filmfestivals von Telluride in Colorado (ein kleines, aber feines Festival von internationalem Ruf, vielleicht vergleichbar mit den Hofer Filmtagen in Deutschland) und schließlich noch freier Mitarbeiter nahezu aller bedeutender Filmzeitschriften englischer Zunge. Ihr seht, der Mann hat eine gewisse Ahnung von der Materie.

Das er in besonderem Maße ein Kenner und Freund des "Phantastischen" Films ist, merkt man dem Buch, das hier gerade besprochen wird, durchaus an. Man liest aus seinen Texten förmlich die Freude und Begeisterung, die er für Filme wie James Whales "Frankenstein", Robert Wises "The Body Snatcher", Fritz Langs "M", aber auch Murnaus Nosferatu und in besonderem Maße Carl Theodor Dreyers Vampyr empfindet, heraus, so das schnell klar wird, wir haben es hier mit einem echten Überzeugungstäter zu tun und nicht mit einem klugscheißenden Schlaumeier, der jedes Genre bedienen musste. Das ist schön!

Und weil Mister Everson ein kluger Mann ist und teilweise hinreißend zu schreiben in der Lage ist, vermag dieses Buch in vorbildlicher Weise gleich zweierlei Dinge zu tun:

Zum einen wird auch bestimmt der größte Kenner der Materie hier noch was lernen können, denn der Umfang an besprochenen Filmen wird tatsächlich noch von der informativen Detailfreude des Autoren getoppt. Wer wusste schon, dass beispielsweise in Lambert Hillyers Dracula's Daughter Teile der Kulissen vom Uralt-SciFi-Klassiker "Flash Gordon" verwendet worden sind, oder das der "transylvanische" Hügel, auf dem die Postkutschenstation in Tod Brownings Dracula liegt und hinter dem gleich der Borgopass beginnt, tatsächlich ein künstlicher solcher auf dem Universalgelände ist und dort zuvor unzählige Western gedreht wurden? Der Rezensent sicher nicht!
Zum anderen vermag dieses Buch neugierig auf die schönen, stimmungsvollen, eleganten, alten Gothic-Filme zu machen, gerade vielleicht jüngere Menschen, die die alten Filme gar nicht mehr kennen und ihren Einstieg mit "Freitag, der 13." und "Freddy Krueger" hatten (und folglich diese für Klassiker halten) werden ja eventuell angesprochen, echte Perlen des frühen Horrorfilms zu entdecken, aber natürlich nicht nur jenes Klientel, denn leider sind tatsächlich viele der alten Filme inzwischen vergessen und so manch ein Juwel lässt sich hier wiederfinden.

Dieser prächtige, reich bebilderte Band ist also eigentlich Pflicht für einen jeden Fan der Filme, zumal sich Zitate hieraus in nahezu allen Fachpublikationen und -Terminologien, die hernach erschienen sind, wiederfinden lassen, was die maßgebliche Bedeutung dieses Buches unterstreicht. Am ehesten sei hier auf das Standardwerk "Lexikon des Horror-Films" von Hahn / Jansen verwiesen.

Das "Klassiker des Horror-Films" wahrscheinlich in deutscher Sprache weiland 1980 nicht mehr als seine Erstauflage (30.000 Exemplare) verkaufte und erleben durfte (genaueres entzieht sich da der Kenntnis der Vampireworld), dürfte in der Hauptsache an zwei Punkten auszumachen sein, nämlich an seiner Zeit, in der Filme wie Dawn Of the Dead (der Romero Film natürlich), der ja über Umwege inzwischen selbst ein (moderner) Klassiker geworden ist (unter anderem natürlich, weil er eben diese Zeit so hervorragend porträtierte) und die Italo-Brutalo-Welle (völlig wertfrei gemeint, denn auch hier gab es große Filme und Leute) gerade der letzte Schrei waren, und an der simplen Tatsache, dass damals Video noch eine recht elitäre Angelegenheit war und bei weitem nicht jeder Haushalt mit einem Recorder / Abspielgerät ausgestattet war - denn das waren seinerzeit zum Teil unbezahlbare riesenhafte Ungetüme - und es im Fernsehen darüber hinaus eigentlich nur drei öffentlich rechtliche Programme gab, damals noch mit Sendeschluss und so. Man hatte also nicht allzu viele Möglichkeiten, all dieser tollen Filme ansichtig zu werden.

Natürlich nehmen die klassischen Vampirfilme einen maßgeblichen und sehr ausführlichen Anteil an dieser fast einzigartigen Anthologie ein, weswegen der Rezensent jetzt mal geneigt ist, hier die Höchstwertung an ein Fachbuch zu verleihen. Es wäre wirklich schön, wenn sich ein Verlag vielleicht doch noch einmal dafür erwärmen könnte, dieses gute und wichtige Buch zu rereleasen, denn schließlich stehen die Zeichen der Zeit gerade auf Erfolg, man beachte nur, wie gut sich Universals "Monster Legacy DVD Box" sich gerade verkauft (die mit den drei Büsten vom Lugosi Dracula, Karloff Frankenstein und vom Chaney Wolfmann), ein Blick in unser Forum tut ein übriges, denn hier werden eifrig die alten Filme von jungen Menschen diskutiert. Ein Markt scheint also vorhanden zu sein und der klassische Gothic Grusel wieder von Interesse. Worauf warten Sie also noch, die Damen und Herren vom Goldmann Verlag, die damals in der Verantwortung standen, oder sonstwer? Die Lizenz dürfte lange abgelaufen sein...



2001 - 2009 by  webmaster@vampire-world.com       Stand: 20.11.2004 Seitenanfang nächste Seite