Klassiker
des Horrorfilms
Untertitel |
|
|
Autor |
William
K. Everson |
Kategorie |
Sachbuch |
Seitenzahl |
260 |
Format |
Paperback |
deutsche
Übersetzung |
|
Erstveröffentlichung |
1980 |
Verlag |
Goldmann
Verlag München |
ISBN-Nummer |
3-442-10205-7 |
Ach,
meine Freunde, es gibt Dinge, denen man besser nicht auf den Grund
gehen sollte!" mein Professor Van Helsing, der schon so manchen
Pfahl in Draculas Herz gerammt hat. Von eben diesen Dingen handeln
die FIlme, denen William K. Everson, einer der gründlichsten
und witzigsten amerikanischen Filmhistroiker; in diesem Band unerschrocken
auf den Grund geht: von schauerlichen Grüften, finsteren alten
Häusern und den Laboratorien des Unheils; von Vampiren, Werwölfen,
Katzenfrauen, Zombies und Riesenaffen; von Dr. Frankenstein, Dr.
Jekyll, Dr. Cyclops und anderen verrückten Wissenschaftlern.
Die Spanne der hier vorgestellten, analysierten und bewerteten Klassiker
des Horrorfilms reicht von Fritz Langs "Dr. Mabuse" aus
dem Jahr 1922 bis zu George Romeros "Zombie" von 1978,
dessen Sensationserfolg gezeigt hat, daß die wohlige Lust
am Kino-Horror heute verbreiteter ist als je zuvor. DIe Auswahl
der Filme, die die Bezeichnung "Klassiker" verdienen,
ist so umfangreich, daß auch der versiertetste Horrorfilm-Kenner
in diesem Band noch Entdeckungen machen kann. Mit seinen über
300 Fotos ist der Band außerdem das prachtvollste Bilder--lbum
des internationalen Horrorfilms,. Herausgeber Joe Hermbus: "EVersons
Buch gibtr einen fast so viel wie hundert schauig-schöne Kinostunden".
Ja
ja, da hat der gute alte Abraham van Helsing schon recht, wenn er
mal wieder schwadroniert, dass es Dinge gäbe, denen man besser
nicht auf den Grund gehen sollte, schließlich muss gerade
er es ja wissen. Dennoch darf man sich wohl mit Fug und Recht als
Freund und Bewunderer des Filmfeldes, welches hier auf diesen unseren
Seiten in der Hauptsache beackert wird, dafür interessieren,
warum ausgerechnet dieses Standardwerk (das seinerseits inzwischen
wohl selber lange als Klassiker bezeichnet werden darf) über
den klassischen Horrorfilm nicht mehr im Handel erhältlich
ist. Oh, und by the Way, die zwei Jahre nach diesem Band erschienene
Fortsetzung "More Classics of the Horror Film" ist übrigens
gar nicht in deutscher Sprache aufgelegt worden, buh dafür!!
Aber darum soll es in diesem Falle ja nicht gehen.
Jedenfalls ist
dieses wirklich großartige Buch inzwischen lange vergriffen
und nur noch mit Glück über irgendwelche Antiquariate
zu bekommen. Falls diesen Bericht hier also irgendein Verlagslektor
oder Redakteur liest, der gerade auf der Suche nach einer guten
Idee für ein schönes Filmbuch ist...ne? Blink, Zwinker...
Überarbeitete Neuauflage wäre doch was...
Jetzt habe ich
aber noch gar nicht geschildert, warum denn diese Buch so ein gutes
ist. Da fangen wir am besten mal bei dem Autoren an:
William K. Everson,
geboren 1929 in England und seit 1950 in den USA ansässig,
darf man mit Recht als fundierten und verdienten Filmhistoriker
bezeichnen. Vielerlei Publikationen hat er verfasst, in denen er
sich mit so verschiedenen Filmgattungen beschäftigt wie Western,
Stummfilmen, den Streifen von Laurel und Hardy, dem amerikanischen
Film als solchem, den Filmbösewichten, den Filmen des W.C.
Fields und so weiter und so weiter. Ferner war der Mann überall
da tätig, wo es rund um das Medium Film etwas zu sagen gibt
(es entzieht sich leider meiner Kenntnis, ob er noch unter den Lebenden
weilt, was ihm freilich sehr zu wünschen ist, dennoch schreibe
ich "'war", denn aufgrund seines Alters nehme ich mal
an, wird er inzwischen seinen Ruhestand genießen), so war
er Dozent an der New Yorker Universität und Gastdozent an der
New School of Visual Arts, er war der Direktor des Filmfestivals
von Telluride in Colorado (ein kleines, aber feines Festival von
internationalem Ruf, vielleicht vergleichbar mit den Hofer Filmtagen
in Deutschland) und schließlich noch freier Mitarbeiter nahezu
aller bedeutender Filmzeitschriften englischer Zunge. Ihr seht,
der Mann hat eine gewisse Ahnung von der Materie.
Das er in besonderem
Maße ein Kenner und Freund des "Phantastischen"
Films ist, merkt man dem Buch, das hier gerade besprochen wird,
durchaus an. Man liest aus seinen Texten förmlich die Freude
und Begeisterung, die er für Filme wie James Whales "Frankenstein",
Robert Wises "The Body Snatcher", Fritz Langs "M",
aber auch Murnaus Nosferatu
und in besonderem Maße Carl Theodor Dreyers Vampyr
empfindet, heraus, so das schnell klar wird, wir haben es hier
mit einem echten Überzeugungstäter zu tun und nicht mit
einem klugscheißenden Schlaumeier, der jedes Genre bedienen
musste. Das ist schön!
Und weil Mister
Everson ein kluger Mann ist und teilweise hinreißend zu schreiben
in der Lage ist, vermag dieses Buch in vorbildlicher Weise gleich
zweierlei Dinge zu tun:
Zum einen wird
auch bestimmt der größte Kenner der Materie hier noch
was lernen können, denn der Umfang an besprochenen Filmen wird
tatsächlich noch von der informativen Detailfreude des Autoren
getoppt. Wer wusste schon, dass beispielsweise in Lambert Hillyers
Dracula's
Daughter Teile der Kulissen vom Uralt-SciFi-Klassiker "Flash
Gordon" verwendet worden sind, oder das der "transylvanische"
Hügel, auf dem die Postkutschenstation in Tod Brownings Dracula
liegt und hinter dem gleich der Borgopass beginnt, tatsächlich
ein künstlicher solcher auf dem Universalgelände ist und
dort zuvor unzählige Western gedreht wurden? Der Rezensent
sicher nicht!
Zum anderen vermag dieses Buch neugierig auf die schönen, stimmungsvollen,
eleganten, alten Gothic-Filme zu machen, gerade vielleicht jüngere
Menschen, die die alten Filme gar nicht mehr kennen und ihren Einstieg
mit "Freitag, der 13." und "Freddy Krueger"
hatten (und folglich diese für Klassiker halten) werden ja
eventuell angesprochen, echte Perlen des frühen Horrorfilms
zu entdecken, aber natürlich nicht nur jenes Klientel, denn
leider sind tatsächlich viele der alten Filme inzwischen vergessen
und so manch ein Juwel lässt sich hier wiederfinden.
Dieser prächtige,
reich bebilderte Band ist also eigentlich Pflicht für einen
jeden Fan der Filme, zumal sich Zitate hieraus in nahezu allen Fachpublikationen
und -Terminologien, die hernach erschienen sind, wiederfinden lassen,
was die maßgebliche Bedeutung dieses Buches unterstreicht.
Am ehesten sei hier auf das Standardwerk "Lexikon des Horror-Films"
von Hahn / Jansen verwiesen.
Das "Klassiker
des Horror-Films" wahrscheinlich in deutscher Sprache weiland
1980 nicht mehr als seine Erstauflage (30.000 Exemplare) verkaufte
und erleben durfte (genaueres entzieht sich da der Kenntnis der
Vampireworld), dürfte in der Hauptsache an zwei Punkten auszumachen
sein, nämlich an seiner Zeit, in der Filme wie
Dawn Of the Dead (der Romero Film natürlich), der ja über
Umwege inzwischen selbst ein (moderner) Klassiker geworden ist (unter
anderem natürlich, weil er eben diese Zeit so hervorragend
porträtierte) und die Italo-Brutalo-Welle (völlig wertfrei
gemeint, denn auch hier gab es große Filme und Leute) gerade
der letzte Schrei waren, und an der simplen Tatsache, dass damals
Video noch eine recht elitäre Angelegenheit war und bei weitem
nicht jeder Haushalt mit einem Recorder / Abspielgerät ausgestattet
war - denn das waren seinerzeit zum Teil unbezahlbare riesenhafte
Ungetüme - und es im Fernsehen darüber hinaus eigentlich
nur drei öffentlich rechtliche Programme gab, damals noch mit
Sendeschluss und so. Man hatte also nicht allzu viele Möglichkeiten,
all dieser tollen Filme ansichtig zu werden.
Natürlich
nehmen die klassischen Vampirfilme einen maßgeblichen und
sehr ausführlichen Anteil an dieser fast einzigartigen Anthologie
ein, weswegen der Rezensent jetzt mal geneigt ist, hier die Höchstwertung
an ein Fachbuch zu verleihen. Es wäre wirklich schön,
wenn sich ein Verlag vielleicht doch noch einmal dafür erwärmen
könnte, dieses gute und wichtige Buch zu rereleasen, denn schließlich
stehen die Zeichen der Zeit gerade auf Erfolg, man beachte nur,
wie gut sich Universals "Monster Legacy DVD Box" sich
gerade verkauft (die mit den drei Büsten vom Lugosi
Dracula, Karloff
Frankenstein und vom Chaney
Wolfmann), ein Blick in unser Forum tut ein übriges, denn hier
werden eifrig die alten Filme von jungen Menschen diskutiert. Ein
Markt scheint also vorhanden zu sein und der klassische Gothic Grusel
wieder von Interesse. Worauf warten Sie also noch, die Damen und
Herren vom Goldmann Verlag, die damals in der Verantwortung standen,
oder sonstwer? Die Lizenz dürfte lange abgelaufen sein...
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