Vampir
Filmkult
Untertitel |
Internationale
Geschichte des Vampirfilms vom Stummfilm bis zum modernen Sex-Vampir |
|
Autor |
David
Pirie |
Kategorie |
Sachbuch |
Seitenzahl |
175 |
Format |
Hardcover |
deutsche
Übersetzung |
|
Erstveröffentlichung |
1977 |
Verlag |
Prisma-Verlag
GmbH, Gütersloh |
ISBN-Nummer |
|
Unter
allen Mythen und Legenden, die eine Filmbearbeitung erfuhren, übt
der Vampirkult die größte Faszination aus. Religion,
Gewalt und Sex sind die Grundelemente aller Vampirfilme. Das verschwenderisch
illustrierte Buch zeigt die ganze Breite des europäischen und
amerkanischen Vampirfilms, die unterschiedliche Bearbeitung des
Stoffes und der filmischen Auffassungen. Es behandelt die frühen
Stummfilme ebenso wie die großen Filmzyklen der 30er und 40er
Jahre und den modernen Sex-Vampir.
Die
"Internationale Geschichte des Vampirfilms vom Stummfilm zum
modernen Sex-Vampir" soll uns im vorliegenden Titel aus dem
Jahre 1977 serviert werden, doch leider kann das Buch diesen großen
Vorsatz nicht vollkommen erfüllen, soviel darf vorneweg schon
einmal verraten werden. Ganz sicher aber darf man das Buch dennoch
zu den Standardwerken über unser heiß und innig geliebtes
Filmgenre zählen, wenngleich es aufgrund seiner inzwischen
beinahe 30 Jahre, die es auf dem Hunchback trägt, gewiss nicht
mehr auf der Höhe der filmischen Aktualität ist. So weit
bekannt ist das Buch auch nie in überarbeiteter und / oder
aktualisierter Auflage erschienen, und dies obschon es durchaus
einen gewissen Kultcharakter hat (oder vielleicht ja gerade deswegen?),
doch wie auch immer, worum geht es nun im "Vampir-Filmkult"?
Das Autor David
Pirie, britischer Schriftsteller, Filmgelehrter und -kritiker unter
anderem für die Zeitschrift "Time out" und das "Capital
Radio", nicht nur ein großer Kenner des Phantastischen
Films ist, sondern auch in besonderem Maße ein Bewunderer
dieser Filmgattung und ein großer Freund der Schauerromantik
in Film und Literatur ist, bewies bereits sein erstes Buch "Erbe
des Schreckens" (vermutlich inzwischen gnadenlos vergriffen
und so gut wie nicht mehr aufzutreiben), welches von der Fachkritik
seinerzeit sehr wohlwollend aufgenommen und als "Standardwerk"
gelobt wurde. Pirie selber bezeichnete seinen Erstling als "Rechtfertigung
des Horrorfilms" und nahm den Mund damit vielleicht etwas voll,
outete sich aber als Überzeugungstäter und genau den merkt
man ihm auch im "Vampir-Filmkult" an, ja stellenweise
geradezu den begeisterten Fan.
Natürlich
spannt Pirie nun den Bogen beim Stummfilm anfangend, geht hier aber
scheint's etwas unmotiviert zu Werke, denn die Bedeutung solcher
Werke wie dem leider verschollenen "London
after Midnight" von Tod Browning oder Murnaus Überklassiker
Nosferatu
- Eine Symphonie des Grauens blieben ihm offenbar seltsam verborgen.
Fast könnte man meinen, er habe Murnaus Film gar nicht gesehen.
Auch wird Károly Lajthays ungarischer Film Dracula
halála, der vermutlich auf das Jahr 1920 oder 21 datiert
und somit (wahrscheinlich) der aller erste Film ist, der die Figur
des Grafen auf die Leinwand brachte, mit keiner Silbe erwähnt.
Zwar gilt dieser Film anders als "London after Midnight",
von dem zumindest noch Fragmente und etliche Fotos erhalten sind,
als gänzlich verschollen, dennoch sollte die Existenz dieses
Streifens nicht verhehlt werden. Pirie erwähnt noch eine Reihe
weiterer früher Stummfilme, die oftmals das Wort Vampir im
Titel trugen, inhaltlich aber zumeist nicht das geringste mit den
untoten Blutsaugern zu tun hatten, vergisst hier aber wiederum Frank
Powells Klassiker "A
Fool there was" von 1915, indem die frühe Femme Fatal
Theda Bara einen ziemlich vampirähnlichen "männermordenden"
Charakter gibt.
Weiter geht
es mit der großen Ära der Universal Gothics der 1930'er
und 40'er Jahre, die Pirie ebenfalls erstaunlich knapp und unmotiviert
abtut. Immerhin erfährt man noch das eine oder andere interessante
Detail zur Firmengeschichte des legendären Studios. Dann endlich
blüht Pirie richtig auf, als er nämlich langsam aber sicher
in den Hammerhafen steuert und schließlich Begeisterung und
Detailfreude erkennen lässt. Offenbar interessiert ihn der
moderne Vampirfilm im größeren Maße als der klassische,
was sich auch bei weiterer Lektüre des Buches mehrfach bestätigen
soll.
Wirklich interessant
wird es dann, wenn Pirie auf die surrealistischen Filme Jess
Francos (doch doch, ein paar derer gibt es) oder Jean Rollins
eingeht, denn diese waren im Erscheinungsjahr 1977, einer Zeit also,
in der Video noch lange nicht Einzug in alle Haushalte gezogen hatte
und Super 8 ein sehr elitärer Spaß mit extrem begrenztem
Angebot war, dem durchschnittlichen Kinogänger ja gar nicht
bekannt, und auf ARD und ZDF als etwaige Ausstrahlungsquelle brauchte
man erst gar nicht zu hoffen. Hier muss man sich vor dem Autoren
wirklich verbeugen, denn zweifelsohne hat er seinerzeit echte Pionierarbeit
geleistet. Etwas umständlich peilt der Autor am Schluss noch
den modernen "Zombie" Film an und feiert gar George Romeros
Night
of the living Dead als den wegweisendsten vampiresken amerikanischen
Film seiner Zeit und belegt seine These, welcher der Rezensent sich
unbedingt anschließen möchte, sogleich damit, dass Romeros
Stil maßgeblichen Einfluss auf Filmemacher wie Bob Kelljan
und seine Filme Count
Yorga 2 und Blacula
2 hatte, die jeweils ihre Vorgänger bei weitem übertrafen
und Vampire präsentieren, die von Romeros "Zombies"
kaum zu unterscheiden sind.
Was das Buch
aber letztlich wirklich empfehlenswert macht, ist seine reiche,
ja fast verschwenderische Bebilderung. Über 200 teils rare,
prächtige Abbildungen bietet das Buch und macht es somit zu
einem echten Augenschmaus. Solch ein Buch muss natürlich ein
großformatiges sein, welches in einem blutroten Einband steckt.
Auch wenn sich aus manch einer Internetpräsenz mehr Informationsgehalt
herausziehen lässt, man nimmt diesen großen Band immer
wieder gern in die Hand und schaut ihn sich an. Lange gab es kein
entsprechendes Buch mehr, weshalb Piries Buch auf Film- oder Buchbörsen
noch immer zu horrenden Preisen gehandelt wird. Wer nun den etwas
zu knapp geratenen Teil um den klassischen Vampirfilm entsprechend
ergänzen möchte, Idealerweise mit großer Sachkompetenz
und schön gestaltet, der greife zu William Eversons Klassiker
des Horrorfilms.
Jetzt täte
es nur Not, dass sich eventuell mal wer anschicken möge, ein
ähnlich schönes und informatives Buch über den Vampirfilm
ab der Post Hammer Ära,
also etwa ab Mitte der 70'er, herauszugeben, denn es hat sich ja
durchaus einiges getan seitdem. Gerade die 1980'er und 90'er Jahre
waren gute Jahrzehnte für eine neue Art von Vampirfilmen, die
längst ihre eigenen Klassiker hervor gebracht haben. zudem
wäre ein präziserer Blick auf den unübersichtlichen
asiatischen Vampirfilm für den Fan hilfreich, zumindest meines
Erachtens.
Pirie wollen
wir aufgrund des wirklich schönen Buches und seinem Lanzenbruch
für den modernen Vampirfilm wohlwollend mit einer 4 Punkte
Wertung bedenken, auch wenn uns die Kapitel zum klassischen Film
nicht restlos überzeugt haben, dennoch, ein schönes, großes,
stilvolles Buch hat er uns gebastelt, ein Standardwerk, gerade für
die Filme zwischen 1960 und etwa '75. Gut!
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