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Nadja

USA, 1994, s/w, 93 min
 
Regie: Michael Almereyda
Produzenten: Amy Hobby & Mary Sweeney
Drehbuch Michael Almereyda
Musik: Simon Fisher Turner
Kamera: Jim DeNault
 
Elina Lowensohn Nadja
Peter Fonda Dr Van Helsing
Galaxy Craze Lucy
Martin Donovan Jim
Suzy Amis Cassandra
Karl Geary Renfield
Jared Harris Edgar

Sie braucht ständig neue Opfer. Und sie ist stets auf der Suche nach sexuellen Abenteuern: Die attraktive Transsylvanierin Nadja musste ihr Jagdrevier auf NewYork ausweiten. Männermordend tingelt die Vampirin durch das Nachtleben. Dort trifft sie auf die verheiratete Lucy, die sich auf ein erotisches Abenteuer mit ihr einlässt. Lucy gerät dabei immer mehr in den Bann der schönen Blutsaugerin, die sie mit ihrer übermenschlichen Vampirkraft süchtig macht. Doch Lucys Mann und der seltsame Onkel Dr. Van Helsig, der bereits Nadjas Vater Dracula gepfählt hat, setzen gemeinsam zur Jagd auf den Lady-Vamp an.


Manhattan zur Weihnachtszeit, irgendwann in den Neunzigern.
Lucy trifft in einer Bar die mondäne mysteriöse Nadja, eine rätselhafte aus Rumänien stammende Schönheit. Sie erzählt Lucy, sie sei in New York um ihren Zwillingsbruder Edgar zu treffen, der sie zwar hasst, weswegen sie etwas ängstlich sei, den sie aber abgöttisch liebe. Es gehe darum, den Tod des Vaters gemeinsam zu verarbeiten. Lucy hat keine Ahnung, wer Nadjas Vater war, nämlich niemand gereingeres als der olle Graf Dracula persönlich (hier gar noch mit dem Beinamen Ceaucescu irgendwo in der Mitte des kompletten Namens nebst Titel ausgestattet), der fieseste aller Vampire, der das Erbe seines Geschlechts auch an Töchterchen Nadja weitergegeben hat. Die wiederum ahnt nicht wer Lucy ist, nämlich die Frau von Jim, dem Neffen van Helsings, der ihrem Vater den Pflock durch das kalte Herz trieb. Nadja verführt Lucy, diese verfällt ihr willenlos...
Als Jim am nächsten Morgen nach einer Zechtour mit seinem Onkel van leicht verkatert in sein Appartment zurückkehrt, findet er Lucy totenbleich und beinahe apatisch im Schlafzimmer. Sie stammelt, sie habe ihre Periode, doch das rätselhafte Verhalten seiner Frau und unnatürlich riesige Blutflecken im Bettlaken geben Jim schwer zu denken.
Als van Helsing erscheint, wird Lucys Verhalten noch merkwürdiger. Kaum beachtet sie die beiden Männer, murmelt nur, sie ginge zur Arbeit und fort ist sie. Onkel und Neffe verfolgen sie, als sie sie schließlich in einer Bar aufspüren, schleudert Lucy Jim nahezu mühelos über den Tresen, als der sie zur Rede stellen will.
Für van Helsing ist der Fall klar, Lucy ist einem Nosferatu verfallen.
Nadja hat inzwischen ihren Bruder Edgar gefunden. Dieser ringt unter der Obhut der Krankenschwester Cassandra, die ihn liebt, um sein Leben, denn er sieht als einzigen Ausweg zur Vernichtung des von ihm ausgehenden Übels - ganz anders als Nadja - die Zerstörung des eigenen Ichs.
Doch Nadja und ihr williger Diener Renfield schaffen Edgar in Nadjas riesiges Haus. Cassandra, die Nadja in keinster Weise traut, begleitet sie in größter Sorge um Edgar.
Nun triftft auch Lucy, geleitet von einem unerklärlichen Zwang, dort ein, dicht gefolgt von unseren beiden furchtlosen Vampirjägern. Im Tumult des folgenden Kampfes kann Nadja mit Cassandra entkommen.
Edgar, durch eine "Blutspende" von Nadja inzwischen genesen, sagt den van Helsings seine Hilfe im Kampf gegen seine Schwester Nadja zu. Er kämpft gegen den bösen Familienfluch an und will keine Menschen töten, zudem liebt er Cassandra und möchte diese vor einem ihm wohlbekannten Schicksal bewahren und sie aus Nadjas Klauen befreien.
So reisen van Helsing, Jim, Lucy und er nach Transylvanien, wo sich Nadja mit Renfield und Cassandra auf dem Familiensitz verschanzt hat.
Endlich kommt es zur finalen Schlacht, in dessen Verlauf Nadja gepfählt und geköpft wird, Renfield gibt sich dem Freitod hin weil seine geliebte Herrin nicht mehr ist, Lucys Bann wird gebrochen.
Doch kurz vor ihrem Tod gelang es Nadja noch, eine nicht geringe Menge ihres Blutes per Transfusion in Cassandras Körper zu pumpen.
Fortan wird sie auf anderer Daseinsebene in ihrem Körper weiterleben. Nur hat Cassandra, inzwischen wieder in New York angekommen und Hochzeit mit ihrem geliebten Edgar feiernd, noch gar keine Ahnung hiervon.
Oder vielleicht doch?


Manchmal - zugegeben, es passiert nicht all zu häufig, aber gelegentlich ist das doch erstaunlicherweise so - da sieht man Filme, die machen einen beinahe irgendwie...ja, glücklich!!
"Nadja" ist so ein Film!
Der Streifen, uns zuvor nur vom Höhrensagen bekannt, lief unlängst hier bei uns in Köln auf einem löblichen kleinen aber feinen Filmfestival namens "He, she, it sucks - Vampirisches im Film". Wir kamen aus dem Kino, traten in die Spätherbstnacht und -waren somehow euphorisiert.
Warum?
Weil "Nadja", auch wenn sich das doof anhöhrt, ein echt toller Film ist!
Ein "Wow" Film!!
Regiesseur Michael Almereyda hat einen chicen Film gedreht, einen stylishen in edlen Schwarzweißbildern, wobei hier schwarz satt tiefschwarz und weiß stets sehr bleich erscheinen. Ein kontrastreicher Film, wenn man so möchte also.
Ich unterstelle Amereyda hier jetzt einfach mal die Absicht, dies nicht (nur) zum künstlerischen Selbstzweck gemacht zu haben, sondern auch und vielmehr um sich vor der Optik des klassischen Horrorfilms zu verbeugen, der ja hier auch mehrfach zitiert wird. Und überhaupt, ich habe keine Ahnung ob der folgenden Idee so ist, fand auch nach umfangreicher Recherche im Netz keinen Hinweis darauf, aber es drängt sich mir der Verdacht auf, das Almereydas Film als Remake des wunderbaren Klassikers Draculas Daughter , der 1936 von Lamber Hillyer inszeniert wurde, gedacht war, zumindest stark von Selbigem inspiriert wurde, gleichen sich doch Story, Optik und Tragik der Filme enorm. Und nicht nur das: ähnlich brillant wie seinerzeit Hillyer der famosen Gloria Holden die Titelrole gab, einer dunklen mysteriösen Frau, die vielleicht nicht im klassischen Sinne, aber im düsteren, exotischen, ja eben mysteriösen Sinne schön ist und nahezu den gesamten Film durch ihre Präsenz trug, so gelang Almereyda ein ähnlicher Geniestreich durch die Besetzung Elina Löwensohns für die Titelrolle, die einfach perfekt ist, und die Vampireworldkundige auch und auf jeden Fall aus dem Film Die Weisheit der Krokodile kennen sollten. Altmeister Peter "Easy Rider" Fonda als völlig entrückter van Helsing mit Wallematte, per Mountainbike unterwegs und ansonsten den Eindruck vermittelnd, bei Gelegenheit auf einem etwas zu heftigen Trip hängegeblieben zu sein, rundet das Ennsemble in bester Spiellaune zusätzlich auf.
Nun ist Frau Löwensohn auch eine der Lieblingsaktriecen des Regiesseurs Hal Hartley, ebenso wie der hier ebenfalls agierende Martin Donovan, der den Jim, auch sehr sehr gut gibt, was zum Teil an der häufig wiedergegebenen Legende, Almereyda würde im Grunde nur Hartleys Erzählstil kopieren, fleißig mitstrickt. Und tatsächlich, der trockene Humor, mit dem der Film zum großen Spaß reichlich gesegnet ist, wie manch' Monologe der Figuren und wie auch der visuelle Stil lassen mitunter durchaus an Hartleys Stil gemahnen. Dennoch geht es mir zu weit, wenn behauptet wird, Almereyda habe einfach abgekupfert, denn er weiß durchaus mit eigenen Ideen zu überzeugen, auch wenn die manchmal etaws überstrapaziert werden, wie z. B. der Einsatz der pixeligen Fisher Price Spielzeugkamera, der hier quasi den vampirischen Blick der Dinge nachempfinden lassen will, ein prinzipiell guter weil gelungener und origineller Einfall, der dann aber wie gesagt doch streckenweise etwas arg ausgereizt wurde, weswegen dann im Mittelteil des Films sich mal die eine oder andere Länge ergibt und der Film gelegentlich etwas künstlerisch überambitioniert erscheint.
Sei's drum!
Almereyda bemüht sich ohnehin nicht um eine stringente Erzählform, man kann der Geschichte im Groben folgen, mehr ist nicht erforderlich.
Ausschlaggegebend ist hier die schiere Schönheit der Bilder, die einen manchmal wirklich nahezu einfach nur ergreift.
Dazu ertönt ein Soundtrack, der seinerzeit, wir schrieben das Jahr 1994, einfach nur brillant und "State of the Art" war, neben den göttlichen My bloody Valentine höhren wir TheVerve und - vor allem, aber keinesfalls zu Unrecht - Portishead!!
Die musikalische Untermalung des Films hätte schlicht gesagt nicht besser gelingen können.
Man könnte hier wieder die abgenudelten und vielfach verwendeten Begriffe Videoclip- bzw. Werbefilmästhetik fallen lassen, dies scheint mir jedoch zu "Achtziger" zu sein, und "Nadja" ist in seinem ganzen Stil komplett und auf jeden Fall ein Film der Neunziger Jahre.
Bleibt noch zu entschlüsseln, welcher Art David Lynchs Zutun an dem Film gewesen ist, denn da ranken sich ja ebenfalls die heißesten Gerüchte um "Nadja", von er sei der eigentliche Regiesseur gewesen und Almereyda hätte am Set überhaupt nichts zu sagen gehabt (der "Poltergeist" Effekt quasi, man erinnere sich an die "Zusammenarbeit" Steven Spielbergs mit Regiesseur Tobe Hooper bei besagtem Projekt, siehe hierzu auch Lifeforce) bis hin zu Almereyda hätte lediglich seinen Namen beigesteuert, der Film sei ein komplettes Lynchprojekt gewesen, er wollte seinen Namen aber nicht als Regiesseur beisteuern wollen, was alles Quatsch ist, denn Lynch fungierte lediglich als ausführender Produzent und spielte eine winzige Rolle als paddeliger Leichenschauhausaufseher. Er half mit seiner Popularität nur dem jüngeren Kollegen, für den er voll des Lobes ist, aus.
Wenn der Film nun doch keine 5 Punkte bekommen mag, so liegt das einzig an der Tatsache, dass dies eigentlich nur absoluten Klassikern vorbehalten ist.
Michael Almereyda bemühte sich hier mitunter zu sehr eher Künstler denn Filmemacher zu sein, denn manchmal scheinen die Bilder sich ihrer Wirkung leider doch einfach direkt zu erschöpfen und zu sehr artifizielle Selbstgefälligkeit zu sein. Aber gut, manch großer Meister hat sich bei ähnlich ambitionierten Projekten bereits die Zähne ausgebissen und ist gescheitert, wo Almereyda auch eine gewisse gelassene Souveränität an den Tag legt.
"Nadja" ist in seiner Art zumindest aber ein Meilenstein. Noch lange werden sich Regiesseure, die sich an einer modernen Variante des alte Stoffes versuchen wollen, an diesem Film messen lassen müssen, denn hier sstimmt fast alles. Bravo!!!
Die vier Fledermäuse, die wir hier vergeben, dürfen sich in ihrer Wertigkeit durchaus an denen messen lassen, die wir den Mario Bava Filmen gegeben haben, man sollte sie also mit ++ und ! lesen!!!



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