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The Night of the Devils
AKA: La notte dei diavoli, La noche de los diablos, Las amantes del Diablo

Italien/Spanien, 1972, Farbe, 112 Minuten
Regie Giorgio Ferroni
Literarische Vorlage Aleksei Tolstoy
Buch Eduardo Manzanos Brochero, Romano Migliorini
Gianbattista Mussetto
Kamera Manuel Berenguer
Musik Giorgio Gaslini
Gianni Garko Nicola
Agostina Belli Sdenka
Maria Monti Die Hexe
Bill Vanders Gorca Ciuvelak
Luis Suárez Vlado
Umberto Raho Doctor Tosi
Cinzia De Carolis Irina

Ein Mann, der dem recht typischen Bild des Action-Man im italienischen Endsechziger / Frühsiebziger-Kintopp entspricht (so richtig klassisch mit Oberlippenbart) schleppt sich scheinbar dem Kollaps nahe eine Waldlichtung hinunter und bricht schließlich am Ufer eines Bächleins zusammen. Was mag dem Manne wiederfahren sein?

Ewas später begegnen wir ihm wieder im Sanatorium von Dr. Tosi. Egal welchen Eindrücken man den Geschundenen aussetzt - z. B. einer Filmvorführung, die schwer an die gemahnt, die der tragische Alex im Kubricks "Clockwork Orange" über sich ergehen lassen muss - er zeigt keine Reaktion. Entweder hat El Schnauzbarto eine handfeste Amnesie oder einen recht ordentlich Knall unter'm Pony. Da erscheint eine junge Frau, die sich Sdenka nennt, und kund tut, sie kenne den Mann seit etwa einer Woche. Allzu viel weiß sie auch nicht über den seltsamen Fremden, schon angeblich gar nicht, was ihn in diesen Zustand versetzt haben mag, doch immerhin kennt sie seinen Vornamen: Nicola! Als Nicola Sdenka erblickt, weicht seine Katatonie einer Tobsucht. Zwei Pfleger können Nicola schließlich überwältigen und fixieren, eine nette K.O. Spritze tut ihr übriges. Als Dr. Tosi die junge Dame zur Rede stellen will, ist diese fast spurlos verschwunden. Lediglich ihre Handtasche blieb zurück, doch die ist, Rätsel über Rätsel, absolut leer...
Währenddessen fällt Nicola in eine Art Wachtraum, welcher die verstörenden Ereignisse Revue passieren lässt, die zu seinem Zustand geführt haben müssen. Oder ist er doch nur ein Irrer?

Die Ereignisse, wie Nicola sie erinnert, beginnen also ungefähr eine Woche vor seinem Aufenthalt im Krankenhaus. Er hat in irgendeiner gottverlassenen Gegend eine Autopanne, weil er einer scheinbar verrückten Frau ausweicht und dabei an einem Baum hängen bleibt. Das Auto will nicht mehr, da hilft nur noch eines, nämlich die Wanderschuhe raus und ein fröhlich' Lied auf die Lippen! Von der Frau, die sein Pech verursachte, ist, wie könnte es auch anders sein, natürlich weit und breit nichts mehr zu sehen. So macht er sich mehr oder weniger ziellos per pedes auf den Weg und landet schließlich an einem alten Gehöft, welches wirkt, als gehöre es gar nicht in die heutige Zeit (also die frühen Siebziger.) Dort trifft er auf den knurrigen Gorca Ciuvelak und seine Familie. Zwar besitzen die Ciuvelaks weder ein Auto noch ein Telefon, bieten ihm aber ein Obdach für die Nacht. Ferner bietet Vlado, der älteste Sohn Gorcas, sich an, Nicolas Auto zu reparieren, denn er habe beim Militär eine Mechanikerausbildung absolviert.

Als die Nacht hereinbricht, werden alle Türen und Fenster verbarrikadiert. Um das Haus herum scheint ein Sturm zu toben, der allerlei unheimliche Geräusche mit sich bringt - zumindest erzählt man das dem ahnungslosen Nicola. Am nächsten Tag erfährt er jedoch von einem der beiden Kinder, eine schreckliche blutrünstige Hexe mache nachts das Tal unsicher, eine Wurdelak. Wen sie hole, der würde wie sie. Den Großonkel, so das kleine Mädchen, also Gorcas Bruder, habe sie geholt. Nicola, der natürlich ein rational denkender Mensch ist, hält dies für hinterwäldlerischen Aberglauben. Als sich Gorca auf den Weg macht, um das Tal ein für allemal vom Fluch der Wurdelaks zu befreien, setzt ihm Vlado eine Frist: Ist er bis 18:00 Ihr nicht zurück, werde ihm kein Einlass mehr ins Haus gewährt, denn dann sei er wahrscheinlich selber vom Fluch gezeichnet.

Mit dem letzten Glockenschlag kehrt Gorca zurück, doch schon bald verschwindet eines der beiden kleinen Mädchen. Nicola kann nicht verhindern, dass Vlado seinem Vater den Holzpflock ins Herz rammt, da geschieht etwas, das Nicola den Glauben an alles Vernünftige und wissenschaftlich Erklärbare anzweifeln lässt: Gorcas Leichnam zerfällt binnen weniger Sekunden vor seinen Augen. Entsetzt sucht Nicola das Weite und beschwört die junge Sdenka, zu der er erste zarte Bande geknüpft hat (aha!), mit ihm zu türmen, doch die meint, sie könne das nicht tun, sie kann ihre Familie nicht im Stich lassen.

Nicola sucht in der nächsten Großstadt einen Okkultismusexperten auf, der ihm vom Fluch der Wurdelaken erzählt, die stets die, die sie lieben in ihr finsteres, untotes Reich holen müssen. Entsetzt kehrt Nicola an den schrecklichen Ort zurück, um Sdenka zu retten. Doch dort angekommen muss er erkennen, dass inzwischen scheinbar die gesamte Familie vampirisiert (wurdelakisiert?) wurde. Die gesamte Familie?

Mit lieber Mühe entkommt Nicola halb wahnsinnig den Untoten. Aber jetzt ist er ja sicher, irgendwo in einer Klinik in einer großen Stadt, hier kann ihm nichts passieren. Als er die Augen aufschlägt, steht Sdenka vor seinem Bett. Und Nicola ist noch immer in einer Zwangsjacke gefesselt...


Zunächst mochte man es gar nicht unbedingt für eine gute Idee halten, A. K. Tolstois (bitte nicht verwechseln mit Leo Tolstoi) berühmte Geschichte "Die Familie des Wurdelaken" (die ja auch unlängst von Titania Medien zu dem brillanten Hörspiel Die Familie des Vampirs ausgearbeitet wurde) neu zu verfilmen, schließlich hatte der große Mario Bava ein knappes Jahrzehnt zuvor die Messlatte relativ hoch gehängt, als er die Geschichte erstmals unter dem schlichten Titel "Wurdelak" mit Boris Karloff topp besetzt als etwa 30minütige Episode seines Werkes Die drei Gesichter der Angst auf die Leinwand brachte. Doch recht schnell wird klar, dass sich Ferronis Version zwar nicht ganz mit der Bavas messen, erfreulicherweise aber insgesamt durchaus sehen lassen kann. Klar, wir begegnen hier den üblichen stereotypen Horrorklischees gerade jener Jahre (die aber auch heute teilweise noch nicht ausgedient haben) wie Autos, die stets im falschen Augenblick streiken und gerade dann, wenn du denkst, jetzt ist es so weit, doch wieder anspringen, oder der Subplot mit der Klapsmühle inklusive des einigermaßen vorhersehbaren Schlussgags, dafür wird man aber auch mit einer sehr unheimlichen, atmosphärischen, ja teilweise klaustrophobischen Stimmung entschädigt, die manch einem Großmeister des Genres zur Ehre gereichen würde.

Der 1908 in Perugia / Umbrien geborene Giorgio Ferroni war, wie die meisten anderen italienischen Regisseure seiner Generation, ein Alleskönner, der stets selbst letzte Hand an alles legte und dabei doch immer den präzisen Blick auf das Wesentliche behielt, weshalb er sich auch prima auf den Umgang mit geringen Budgets verstand. Er arbeitete, ähnlich wie Bava, auch als Autor, Kameramann, verstand sich meisterhaft auf das Ausleuchten seiner Filmsets und hatte auch letztlich zumeist im Schneideraum das letzte Wort. Zwar kann man Ferroni nicht unbedingt zur ersten Garde der italienischen Horrorregisseure rechnen, dies allerdings nur, weil das Horrorgenre nicht das Hauptbetätigungsfeld des Mannes war. Eigentlich war Ferroni hauptsächlich bekannt für Sandalenfilme wie "Der Kampf von Troja" (1961) oder "Die Schlacht der Gladiatoren" (1963.) Als der Trend durch war, verlagerte sich Ferroni auf verschiedenes, eben auch auf Horror, denn dafür war der Markt ja gerade da.

Kurz nach "La Notte di Diavoli", so der Originaltitel, zog sich der Mittsechziger aus dem Filmgeschäft zurück - er wähnte sich wohl allmählich im Pensionsalter. Er starb am 17. August 1981. Im vorliegenden Film konnte er allerdings noch einmal all seine Erfahrung zur Anwendung bringen. Besonders die Finalszenen, in denen Nicola im nächtlichen Wald gegen die Wurdelaken / Vampire kämpft, erreichten eine meisterhafte unheimliche Qualität, nicht nur was Beleuchtung und Kameraführung betrofft, auch die Monster, die zum Teil mehr an Boyles / Snyders Untote in 28 Days later bzw. Dawn of the Dead gemahnen als an die klassischen aristokratischen Vampire des Vorgängerjahrzehnts, und somit wesentlich näher an den Wesenheiten des osteuropäischen Volksglaubens angelehnt sind als an Hollywood.

Schade ist, dass dieser wirklich sehenswerte Film im deutschsprachigen Raum nur sehr schwer erhältlich ist. Meines Wissens existiert keine deutschsprachige Version des Filmes, dieser Rezension jedenfalls liegt eine in einem sehr merkwürdigen englisch synchronisierte Fassung mit japanischen Untertiteln zugrunde, bei der es sich aber offensichtlich um eine gebootleggte Version handelt, die scheinbar von einer VHS auf eine DVD gezogen wurde, aber von durchaus brauchbarer Qualität ist.

Fazit: Ferronis filmische Adaption der "Familie des Wurdelaken" ist eine als anmessend gelungen zu bezeichnende Studie italienischen Horrorkinos, die zwar nicht an Mario Bavas Fassung des Buches heranreicht und das eine oder andere Klischee nicht vermeidet, insgesamt aber prima gruselig zu unterhalten weiß.



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